Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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Volk der Erde spricht Dieselben mehr, und diese heißen daher todte 
Sprachen, im Gegensatz zu denen, die noch geredet und daher lebende 
Sprachen genannt werden. Die englische und die französische sind 
jetzt die verbreitetsten unter allen lebenden Sprachen. 
Sehr verschieden zeigt sich endlich das Verhältniß der einzelnen 
Völker und Menschen zu Gott und zwar nach den Religionen, ju 
denen sie sich bekennen. In dieser Hinsicht theilen sie sich in Verehrer 
eines Gottes und in Anbeter mehrerer Götter. Zu den Ersteren 
gehören die Christen, Juden und Muhamcdaner; die Letzteren 
nennt man Heiden. Gegen 350 Mill. sind Christen, welche sich 
wieder in evangelische (etwa 80 Mill.), katholische (gegen 200 
Mill.) und griechische Christen (etwa 70 Mill.) theilen. Die 
Juden zählen gegen IO Mill., die Muhamedaner gegen 180 Mill., 
und weit mehr als 7OO Mill. sind noch Heiden, die sich wieder in 
Buddhisten, Hindus und Fetischanbeter theilen, und die Geschöpfe 
und Gebilde ihrer eigenen Hand anbeten, und wohl gar diesen noch 
Menschenopfer darbringen. — 
IV. Geschichten aus der Geschichte der Menschheit. 
1. Die Phönizier. 
Im Norden des heiligen Landes liegt ein hohes, einst mit Cedern- 
bäumen dicht bewachsenes Gebirge, der Libanon genannt, und an 
dessen westlichen Abhängen, so wie in der, von Natur unfruchtbaren, 
schmalen und sandigen Uferebene am mittelländischen Meere wohnten 
einst die Phönizier, Nachkommen Hams. Von ihren spätern Haupt¬ 
städten Tyrus und Sidon heißen sie in der heiligen Schrift gewöhn¬ 
lich Tyrer oder Sidonier. Sie waren das älteste und berühmteste 
handeltreibende Volk des Alterthums, durch ihren Handel reich und 
kunstsinnig. Wie sie dem König Salomo bei seinem Tempelbau halfen 
ist bekannt. Anfangs trieben sie auch wohl das unsaubere Geschäft der 
Seeräuber, und stahlen dann auch mitunter Menschen, die sie als 
Sklaven verkauften. Bald jedoch segelleir sie als Kaufleute längs den 
Ufern des mittelländischen Meeres bis nach Afrika, wo sie Karthago 
erbauten. Sie ruderten dann weiter bis nach Spanien (Tarsis) und 
fanden dort eine ungeheure Menge Silber. Zuerst füllten sie ihre 
Schiffe damit an, dann knüpften sie die dicken Steine, die sie als Anker 
jedesmal ans Ufer warfen, wenn sie stille liegen wollten, los von ihren 
Stricken, banden Silberklumpen daran und kamen reich beladen nach 
Hause zurück. Später wagten sie sich sogar ins atlantische Meer nach 
England, wo sie Zinn eintauschten — und nach Preußen, wo sie 
den Bernstein holten. Und damit anderer Leute Schiffe ihnen nicht 
folgen möchten, erzählten sie daheim: „Ja, ihr solltet nur einmal hinaus 
kommen über die Säulen des Herkules *), wie gräulich es da aussieht. 
*) Über die Meerenge von Gibraltar.
	        
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