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Das Deutsche Reich
(540 000 qkim, 65 Mill. E., 120 auf 1 qkmw).
A. Candeskunde.
l. Das Deutsche Tiefland.
Das Norddeutsche Tiefland nimmt den Raum zwischen der Mittel—
deutschen Gebirgsschwelle und der Nord- und Ostsee ein. Es umfaßt die
Hälfte des deutschen Reichsgebietes mit ?/z der Bodenfläche des Preußischen
Staates. Welche Provinzen gehören dem Tieflande ganz oder teilweise an?
Welche andern deutschen Staaten liegen ganz oder mit einzelnen Teilen in
dem Tieflande?
Die größte Ausdehnung des Tieflandes, die von O. nach W. beträgt
mehr als 1000 km, die größte Breite, vom Südostfuße der Sudeten bis
zur Ostsee, ist halb so groß. Nach W. zu verengert sich das Tiefland, weil
die begrenzenden deutschen Mittelgebirge von 80. nach NW. streichen, die
Qüsten aber die Richtung O. — W. innehalten.
In früheren Zeiten der Erdgeschichte, in der Tertiärzeit, war das
Tiefland vom Meer überflutet. Nach seinem Rücktritt entstand die Ebene.
An den feuchten Ufern wuchs damals in Menge die Sumpfzeder, deren
Stämme den Stoff zu den Braunkohlenlagern Norddeutschlands lieferten.
In der solgenden Diluvialzeit wurde das Tiefland mehrmals von
Skandinavien her mit Gletschereis überzogen, das aus jenen nordischen
Gebieten den Geschiebemergel als Grundmoräne bis nach dem Deutschen
Tieflande führte. Daher rühren auch die großen Irr- und Wander—
steine, die erratischen Blöcke, die nach Rückzug des Gletschereises aus der
Grundmoräne durch fließende Wasser ausgewaschen wurden. Die Ablagerung
der Flüsse, ferner Dünenbauten des Meeres, sowie Moor- und Torfbildungen
gaben dem Boden die heutige Beschaffenheit (Alluvium). So gehört die
Bodenbildung des Tieflandes den drei jüngsten Perioden der Erdgeschichte
an. Aus einer älteren Zeit stammen die Felslagerungen bei Brüsterort, die
Kreidehorste auf Rügen, die Buntsandsteinfelsen von Helgoland, die Rüders—
dorfer Kalklager, sowie die Salzlager im Innern der Erde.
Der Bodengestaltung nach ist das Tiefland durchaus nicht von
der verrufenen Einförmigkeit. Im N. zieht sich an der Ostsee entlang von
Ostpreußen bis Schleswig-Holstein der seenreiche Baltische Landrücken
hin, auf dessen unregelmäßig gestalteter Oberfläche besonders auf der Nord—
seite Geschiebemergel liegt. Im S. verläuft der Südliche Landrücken
Tromnau⸗Schöne, Erdkunde für höhere Mädchenschulen UII.
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