Full text: Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen

12. In der Kinderstube. 
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es auf eine nützliche Anwendung desselben aufmerksam machen, ahne ihm 
jedoch zu bestimmen, wofür dieser oder jener Pfennig auszugeben sei. Auf 
solche Weise wird es früh Herr über sein eigenes Vermögen; es lernt früh 
im eigenen Besitz haushalten, sich und andern mit seinen kleinen (Ersparnissen 
Vergnügen bereiten, sammeln und berechnen, wie es sich dies und jenes 
anschaffen könne. Auf solche Weise lernt es den Wert des Geldes schätzen, 
und durch eine Reihenfolge von Entwicklungen und Erfahrungen bildet es 
fich zu einem vernünftigen Haushälter. 
Das Beispiel der thätigen Mutter kann dem Kinde schon früh Liebe zur 
Beschäftiguug einflößen; sie führt es dadurch zur Arbeitfamkeit. Um im 
Kinde die Liebe zur Arbeit zu wecken, dürfen wir keine Forderungen an 
dasselbe stellen, die seine Kräfte übersteigen. Wir müssen ihm eine Beschäf¬ 
tigung geben, deren Gelingen sicher ist und ihm Freude macht. Wir können 
Knaben und Mädchen schon in frühester Jugend gewöhnen, bei den vielen 
kleinen Arbeiten in einem Hauswesen Hand anzulegen; sie thun es meistens 
gerne und eignen sich dadurch ziemlich viel Geschicklichkeit und Fertigkeit an. 
Nichts ist unzweckmäßiger, als die Kinder in ihrem Thätigkeitstrieb zu 
hemmen bloß deshalb, weil sie etwas verderben, zerbrechen, nicht recht an¬ 
fassen könnten. Wollen wir tüchtige Menschen erziehen, so müssen wir die 
Kinder zugreifen, sie an allen unsern Arbeiten, sofern sie für ihre Küäfte 
passen, teilnehmen lassen; aber dieser Thätigkeitstrieb muß zweckmäßig geleitet, 
entsprechend beschränkt werden. 
Die Schulthätigkeit des Kindes fördere man auf alle mögliche 
Weise. Man sehe strenge auf eine genaue Erledigung der Schul-Hausaufgaben 
und lasse sich mit den Kindern niemals auf Klagen über zu viel Schul¬ 
arbeiten ein. Die Eltern sollten sich auf die Seite des Lehrers stellen, wenn 
sie aus ihren Kindern etwas Tüchtiges machen wollen; sie sollen niemals in 
Gegenwart der Kinder über den Lehrer lieblos urteilen; das untergrübt die 
Achtung vor demselben. Glauben die Eltern, daß ihr Kind durch den Lehrer 
etwa falsch behandelt werde, so sollen sie sich darüber in vertrauens¬ 
voller, anständiger Weise mit ihm benehmen. Das bringt den Kindern 
Nutzen und schädigt das Ansehen des Lehrers nicht. 
Die Liebe zu ihren Kindern veranlaßt manche Eltern, alles Unangenehme 
von denselben abzuhalten, ihnen alle schmerzlichen Eindrücke zu ersparen. 
Für Kinder, welche die Stirne des Vaters nie sorgenvoll, an der Wimper 
des Mutterauges nie eine Thräne zittern sahen, liegt die Gefahr nahe, daß 
sie sich nngeberdig, schwach und feig verhalten, wenn das unerbittliche Schicksal 
einst auch bei ihnen anpocht. Kinder dürfen die Sorgen und Schmerzen der 
Eltern schon ahnen; sie sollen lernen, mitzufühlen, am Schmerze anderer 
teilzunehmen. 
Der Kunstfleiß liefert uns eine Menge schöner Spielsachen für jedes 
Kindesalter. Die zweckmäßigsten für noch kleine Kinder sind farblose und 
wohlfeile Gegenstände. Buntes Zeug ist bald abgefärbt und bei der Ge¬ 
wohnheit der Kinder, alles zum Munde zu führen, auch noch schädlich. 
Gegenstände von Holz, aber nicht mit Farbe überstrichen, sind für Kinder am
	        
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