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Endlich näherten wir uns dem Lager der Lappen, welches aus 
zwei großen Gammen (Sommerhütten), einer Art von Hängeboden 
und einer Umzäunung für die Renntiere bestand. In diese wurde 
die Herde getrieben, und bald trat auch die ganze Gesellschaft aus 
den Hütten, mit allen zum Melken notwendigen Gerätschaften 
versehen: langen Schlingen aus Renntierhaut oder auch hänfenen 
Stricken zum Festhalten der Tiere und hölzernen, unförmlichen 
Gesäßen zum Auffangen der Milch. Endlich wurde noch ein Gegen¬ 
stand ans Tageslicht gebracht und auf das lange Gras neben der 
Umzäunung gelegt, der mein Interesse im hohen Grade erweckte, 
— die Wiege eines Kindes. Sie war kunstreich aus Renntierhaut 
gemacht und hatte die Form eines ungeheuren Schuhes mit hohem 
Rücken und aufgeworfener Spitze. Ich wurde dabei lebhaft an die 
aus Baumrinde gefertigten Wiegen der nordamerikanischen In¬ 
dianer erinnert, die nach Belieben auf der Mutter Rücken ge¬ 
tragen oder in der Hütte oder an einem Baume aufgehängt werden 
können, außer dem Bereich von herumirrenden Wölfen und hung¬ 
rigen Hunden. 
Es mochten ungefähr 40 Lappen beisammen sein, alle wie 
meine Führer gekleidet. Die Frauen trugen lederne Gürtel, die mit 
blanken messingenen Zieraten dicht besetzt waren, während im ein¬ 
fachen Gürtel der Männer ein Messer in der Scheide steckte. Es 
war eine Versammlung von Zwergen; die Männer schienen mir alle 
unter fünf Fuß zu sein, und die Frauen waren noch kleiner. 
Ich wurde natürlich bald ein Gegenstand der Neugierde und 
merkte an den mißtrauischen Blicken, die sie wechselten, daß meine 
Gesellschaft ihnen durchaus nicht angenehm war. Begierig, ihre 
Freundschaft zu gewinnen, redete ich einen jeden von ihnen mit 
einigen norwegischen Worten an, aber ein Kopfschütteln und ein 
finsterer Blick waren die einzige Antwort. Nichtsdestoweniger zog ich 
meine nassen Schuhe und Strümpfe aus und mischte mich barfuß 
unter die Lappen, da ich gerne sehen wollte, wie sie die Renntiere 
melkten. Ihre erste Sorge war, die widerspenstigen Geschöpfe zu 
fangen. Dieses geschieht, indem der Lappe eine Schlinge um das 
Geweih des Tieres wirft, welches er sich ausgesucht hat. Zuweilen 
macht es dann keinen weiteren Widerstand; oft aber läuft es mit 
der Schlinge und dem daran hängenden Lappen in der Umzäunung 
herum und schleppt ihn eine Weile mit sich fort. Bleibt es endlich
	        
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