Kaisers. Und neben den Kaiser stellen sich dort die Prinzen und
die höchsten Generäle und die höchsten Beamten, so daß schon
äußerlich zu sehen ist: jetzt spricht der Kaiser nur als Kaiser, als
höchster Vertreter der deutschen Fürsten und des deutschen Volkes
zu den gewählten Vertretern des deutschen Volkes.
Jedesmal wenn der Reichstag „eröffnet" wird, das heißt
also, wenn er wieder mit seinen Beratungen anfängt, dann wird er
jedesmal mit einer „T h r o n r e d e", also mit einer Rede, die am
Thron gehalten wird, eröffnet. Aber manchmal ist es nicht ganz
so feierlich. Der Thron muß immer dabei sein, aber der Kaiser
braucht nicht immer dabei zu sein. Manchmal, und in letzter
Zeit Wohl sogar meistens, läßt der Kaiser die Thronrede vom
Reichskanzler vorlesen. Und in noch früheren Zeiten ist es Wohl
manchmal vorgekommen, daß nicht einmal der Reichskanzler, son¬
dern dessen Stellvertreter die Thronrede vorgelesen hat. Aber
das bleibt immer so, daß die Thronrede vorher ganz sorgfältig
überlegt wird und daß kein Wort vorgelesen wird, womit nicht
der Kaiser einverstanden ist, und womit nicht auch der Reichs¬
kanzler einverstanden ist; denn der Reichskanzler ist bekannt¬
lich für alles, was der Kaiser beim Regieren tut, ver¬
antwortlich. Darin unterscheidet sich ja grade die Regierung, die
wir haben und die jetzt die meisten Völker haben, von den abso¬
luten Regierungen, wie sie in Preußen unter Friedrich dem
Großen und noch bis zu Friedrich Wilhelm IV. waren. Der abso¬
lute Monarch tut alles, was er will und ganz wie er will: er be¬
fiehlt und die andern gehorchen. Der „k o n st i t u t i o n e I l e"
M o n a r ch, hat ein für allemal gesagt: „Ich will als König oder
Kaiser nichts befehlen, wofür nicht irgend einer von meinen Unter¬
tanen die Verantwortung übernehmen will." Und darum steht jetzt
in jeder Verfassung der Satz: „Regierungshandlungen des Königs
oder Kaisers bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeich¬
nung eines Ministers." Der König oder Kaiser muß also unter¬
schreiben, wenn er etwas befiehlt, aber ein Minister muß mit unter¬
schreiben, sonst gilt das, was auf dem Papier ste-ht, nicht als König¬
licher Befehl. Das ist in allen Dingen im Staate so, nur beim Heer
ist es natürlich anders. Da ist cs so. daß alles, was komman¬
diert werden muß, vom Kaiser kommandiert wird oder von
denen, die der Kaiser zu Kommandeuren bestimmt hat. Da kann
es so was wie eine Gegenzeichnung nicht geben. Nur in der
Verwaltung des Heeres, da muß der Kriegsminister alles
gegenzeichnen, was der König befiehlt, also namentlich bei Dingen,
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