744 Vierzehntes Hauptstück.
Eigcnthum in Frage stellen werde: ein entscheidendes
Wort kommt über seine Lippen: „in Neuilly lebt, zurück¬
gezogen vom Hofe und bürgerlich gesinnt, jener einzige
Bourbone, der nie die Waffen gegen Frankreich getragen
hat: rufen wir ihn ans Ruder!" „Nein!" entgegnen
Andre, „über Bestellung einer neuen Staatsgewalt muß
das Volk entscheiden." Hierauf Dupin, von Mehreren
unterstützt, welche großen Reichthum auf dem Spiele wu߬
ten : „es muß augenblicklich gehandelt werden, und wir
können es im Namen der Ration!" Den 30. Juli ver-
sammelten stch etwa 100 Deputirte als zweite, 30 bis
40 Pairs als erste Kammer; Lafitte gewinnt nicht ohne
Anstrengung Lafayette für seinen Vorschlag, und nach¬
dem nur Wenige zu Karls Gunsten ausgetreten sind, ei¬
len Gesandte nach Neuilly, zu Herzog Ludwig Philipp
von Orleans, um ihm die Stelle eines Generalstatthal¬
ters in Frankreich anzubieten. Voll gespannter Erwar¬
tung fragte man sich, ob er dem Ruf entsprechen werde?
Angstvoller als die Ucbrigen harrten die Doctrinärs, wel¬
che, selbst durch Wissenschaft geläutert, Dolksfreiheit auf
Volksbildung gründen, und einem kräftigen, besonnenen
Steuermann das Schiff vertrauen wollten. Ludwig Phi¬
lipp kämpfte lange mit sich selbst. Seit 1809 glücklicher
Gatte Am alias, der Tochter Ferdinands IV. von Si.
cilien, ruhte er im Kreise blühender Kinder von bittern
Prüfungen einer labyrinthischen Jugend aus: ihm graute
vor den Strudeln der Politik, vor dem Neid, welcher
stch an Kronen heftet, vor dem bösen Scheine, den ät-
tern Bourbonenzweig verdrängt zu haben. Aber er ge¬
bot auch über große Glücksgüter: viele Millionen hatte
ihm das Entschädigungsgesetz von 1825 zugewiesen, und
durch strenge Wirthschaft war das Besitzthum noch ge¬
wachsen: sollte er die ohne sein Zuthun crschloßne Ge¬
legenheit, solche Schätze den ©einigen zu retten, hart¬
näckig ablehnen? Und noch mehr: hatte nicht das Va¬
terland ein Recht an ihn, damals, in der Stunde äus-
serster Gefahr? Alles vereinigte sich, um Ludwig Phi-