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Neueste Geschichte.
Lösung bezeichnet. Jetzt genügte derselbe nicht. Am 12. Juli legte
Grammont dem preußischen Botschafter den Gedanken eines Entschnl-
diguusschreibeus nahe, den dieser schwach genug war, nicht abzuweisen,
sondern in einer Depesche ans auswärtige Amt zu senden, worüber er
in Ungnade fiel. Dann forderte Grammont am 13. Juli den englischen
Botschafter auf, durch seine Regierung den König zu einem förmlichen
Verbot zu veranlassen, was Bismark entschieden zurückwies. Nun er¬
hielt Benedetti den Befehl, den König darum anzugehen, die Verzicht¬
leistung des Prinzen Leopold zu billigen und zu versichern, daß auch
in Zukunft diese Candidatur nicht werde aufgenommen werden. Als
dies Benedetti ungeschickt genug auf der Brunnenpromenade in Ems
ausführen wollte, meinte der König, daß der Ort dazu ungelegen sei
und als jener fortzufahren versuchte, forderte er, sich von ihm abwen¬
dend, den dabei gegenwärtigen Adjndanten, Grafen Lehndorf, auf,
dem Herren zu sagen, daß er ihm nichts weiter mitzutheilen habe.
Indem dieser Vorgang von der preußischen Regierung einigen Vertre¬
tern des norddeutschen Bundes im Anslande im Telegramm mitge¬
theilt wurde, faßte Frankreich dies Telegramm als beleidigende Note
auf und seine Minister erklärten im Senat und gesetzgebenden Körper am
15. Juli, daß nur durch den Krieg die beleidigte Ehre Frankreichs
wiederhergestellt werden könne, verweigerten aber doch, den Inhalt die¬
ser angeblichen Note dem gesetzgebenden Körper in pleno vorzulesen.
Die zum Kriege geforderten Gelder bewilligte diese Versammlung fast
einstimmig, vergeblich warnte Thiers, der sonst gegen die Vergrößerungs¬
sucht Preußens gewaltig eiferte diesmal vor dem Kriege als einem un¬
zeitigen. Den 19. Juli eröffnete König Wilhelm, dem auf seiner
Rückreise von Ems nach Berlin der freudigste Empfang der Volks¬
massen lebhaft gezeigt hatte, wie sein Benehmen dem Gefühle der
Nation entsprochen, den norddeutschen Reichstag, der die geforderten
Gelder zum Kriege einstimmig bewilligte. Denselben Tag erfolgte die
förmliche Kriegserklärung von Frankreich. In Sür-deutfchland war es
Baierns edler König Ludwig, der sogleich offen erklärte, den Allianz¬
vertrag mit Norddeutschland ehrlich zu halten, worauf auch Würtem-
berg mit einer gleichen Erklärung folgte. Hier sah Karl Mayer, vor
kurzem noch das gefeierte Haupt der Demokraten, in der Kammer sei¬
nen Einfluß geschwunden; auch Jörg, Führer der Ultramontanen in
Baiern, unterlag. Die Kammern beider Länder billigten die Kriegspolitik
ihrer Höfe. Bei Baden und Hessen war dies, bei dem erstem durch
die nationale Haltung der Regierung und des Volks, bei dem letztem
durch die Verhältnisse nicht zweifelhaft gewesen. Den 29. Juli gab