fullscreen: Mittlere und neue Geschichte (Zweiter Theil)

476 
Neueste Geschichte. 
Lösung bezeichnet. Jetzt genügte derselbe nicht. Am 12. Juli legte 
Grammont dem preußischen Botschafter den Gedanken eines Entschnl- 
diguusschreibeus nahe, den dieser schwach genug war, nicht abzuweisen, 
sondern in einer Depesche ans auswärtige Amt zu senden, worüber er 
in Ungnade fiel. Dann forderte Grammont am 13. Juli den englischen 
Botschafter auf, durch seine Regierung den König zu einem förmlichen 
Verbot zu veranlassen, was Bismark entschieden zurückwies. Nun er¬ 
hielt Benedetti den Befehl, den König darum anzugehen, die Verzicht¬ 
leistung des Prinzen Leopold zu billigen und zu versichern, daß auch 
in Zukunft diese Candidatur nicht werde aufgenommen werden. Als 
dies Benedetti ungeschickt genug auf der Brunnenpromenade in Ems 
ausführen wollte, meinte der König, daß der Ort dazu ungelegen sei 
und als jener fortzufahren versuchte, forderte er, sich von ihm abwen¬ 
dend, den dabei gegenwärtigen Adjndanten, Grafen Lehndorf, auf, 
dem Herren zu sagen, daß er ihm nichts weiter mitzutheilen habe. 
Indem dieser Vorgang von der preußischen Regierung einigen Vertre¬ 
tern des norddeutschen Bundes im Anslande im Telegramm mitge¬ 
theilt wurde, faßte Frankreich dies Telegramm als beleidigende Note 
auf und seine Minister erklärten im Senat und gesetzgebenden Körper am 
15. Juli, daß nur durch den Krieg die beleidigte Ehre Frankreichs 
wiederhergestellt werden könne, verweigerten aber doch, den Inhalt die¬ 
ser angeblichen Note dem gesetzgebenden Körper in pleno vorzulesen. 
Die zum Kriege geforderten Gelder bewilligte diese Versammlung fast 
einstimmig, vergeblich warnte Thiers, der sonst gegen die Vergrößerungs¬ 
sucht Preußens gewaltig eiferte diesmal vor dem Kriege als einem un¬ 
zeitigen. Den 19. Juli eröffnete König Wilhelm, dem auf seiner 
Rückreise von Ems nach Berlin der freudigste Empfang der Volks¬ 
massen lebhaft gezeigt hatte, wie sein Benehmen dem Gefühle der 
Nation entsprochen, den norddeutschen Reichstag, der die geforderten 
Gelder zum Kriege einstimmig bewilligte. Denselben Tag erfolgte die 
förmliche Kriegserklärung von Frankreich. In Sür-deutfchland war es 
Baierns edler König Ludwig, der sogleich offen erklärte, den Allianz¬ 
vertrag mit Norddeutschland ehrlich zu halten, worauf auch Würtem- 
berg mit einer gleichen Erklärung folgte. Hier sah Karl Mayer, vor 
kurzem noch das gefeierte Haupt der Demokraten, in der Kammer sei¬ 
nen Einfluß geschwunden; auch Jörg, Führer der Ultramontanen in 
Baiern, unterlag. Die Kammern beider Länder billigten die Kriegspolitik 
ihrer Höfe. Bei Baden und Hessen war dies, bei dem erstem durch 
die nationale Haltung der Regierung und des Volks, bei dem letztem 
durch die Verhältnisse nicht zweifelhaft gewesen. Den 29. Juli gab
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.