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nicht immer dem Fleischerhandwerk entnommen, sie werden je nach
Bedarf eingestellt und entlassen. Von Lehrlingen ist natürlich keine
Rede. Die meiste Arbeit wird von Maschinen ausgeführt, wir
finden Dampfkessel, Dampfmaschine und Transmissionen für die
einzelnen Kraftübertragungen. Der betreffende Gewerbetreibende
braucht keinen Gewerbeschein, er meldet sein Geschäft nicht an, er
beginnt mit dem Geschäft, wann er will und wo er will. Es steht
ihm auch frei, ein Gewerbe im 16. Stock eines Hauses zu betreiben,
wenn sich ihn: sonst keine Schwierigkeiten in den Weg stellen. Auf
dieser Grundlage beruht der gesamte Gewerbebetrieb der Vereinigten
Staaten.
Da ist ferner in San Franziska eine Großbäckerei. Zwei
Deutsche haben aus kleinen Anfängen diesen Großbetrieb geschaffen.
Vor allem interessant sind die Backöfen, die mit dickem Öl geheizt
werden. Letzteres wird einem Behälter entnommen, der sich direkt
vor der Fabrik unter der Straße befindet und 4000 Gallonen =
16000 Liter faßt. Bis hierher liefert die Naphtha-Gesellschaft das
Vrennöl, und von hier aus fließt es selbsttätig in die Feuerung
der vier einfachen und vier doppelten Backöfen. Das Mehl wird
mit Wagen angefahren und direkt mit dem Aufzug in den dritten
Stock befördert, wo sich ein großes Mehllager befindet. Von hier¬
aus kommt das Mehl in die Sieber und kann nun bequem in die
einzelnen Stockwerke verteilt werden. Das Kneten besorgen drei
große Teigknetemaschinen, die sogenannten Mischer. Die Kraft¬
anlage besteht aus verschieden großen Elektromotoren von zusammen
60 Pferdestärken, von denen der größte von 25 Pferdestärken die
Haupttransmission antreibt. Trotzdem arbeiten 150 Leute im Ge¬
schäft, um täglich 35000 bis 40000 Brote fertig zu stellen. Am
Morgen fahren 60 Wagen mit 60 Pferden aus, um das Brot,
Weißbrot und Kleingebäck an die Kunden abzugeben.
Trotz der Großbetriebe, die die gesamte Bekleidungsindustrie
umfassen, hat sich das Schneiderhandwerk unter günstigeren Bedin¬
gungen als in Deutschland erhalten. Anzüge sind in Amerika be¬
deutend teurer als in Deutschland, man kauft bestimmte Waren in
der Bekleidungsabteilung des Warenhauses und anderseits läßt man
beim Schneider arbeiten. Die vielen Schilder der amerikanischen
Schneidermeister zeigen zum größten Teil deutsche Namen, ein
Zeichen, daß dieser Handwerkszweig in deutschen Händen sich be¬
findet. Anders verhält es sich mit dem Schuhmacher, der eigentlich
ganz entbehrlich geworden ist. Die großen Schuhfabriken liefern
für billiges Geld eine so tadellose Ware, daß eine Einzelanfertigung
von ein Paar Schuhen in bezug aus Kosten und Aussehen mit der
Fabrikware nicht mehr konkurrieren kann. Jedes Schuhgeschäft
übernimmt genau wie in Deutschland die Reparaturen, aber auch