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aber kniete neben ihn hin, umfing ihn, bat ihn laut jammernd
um Vergebung, und betheuerte, daß er ihn nicht wahrgenom¬
men habe.
Allein der Sterbende sagte: „Du hast mir nichts abzubitten.
Was bisher kein Mensch wußte, will ich jetzt offenbaren. Ich
bin jener Wildschütz, der deinen Vater erschossen hat. Gerade hier
unter dieser alten Eiche tränkte sein Blut weit umher den Bo¬
den , und nun mußtest du, der Sohn des Ermordeten, ohne
Wissen und Willen, an eben der Stelle die Mordthat an mir
rächen!"
„Gott ist gerecht!" seufzte er noch, indem er verschied. Ein
Schauder drang allen Umstehenden durch Mark und Bein, und
einer aus ihnen rief:
„Es trifft, o Gott, dein Strafgericht
Früh oder spät den Bösewicht."
16. Gott der Wächter.
Wenn am Abend Mann und Kind, Schickt die stille Nacht hernieder,
Thier' und Vögel müde sind, Spricht zu ihr, nun decke du
Gott der Herr hat's schon gesehen, Alle meine Kinder zu,
Sonne heißt er untergehen, Bring' zur Ruh' die müden Glieder!
Sieh', da kommt die liebe Nacht,
Wieget uns in Schlaf ganz sacht;
Nur der liebe Vater wacht.
17. Die Rettung.
Zwei Mädchen gehen an einem Wintertage in ein benach¬
bartes Dorf, wo die Pathe wohnt. Sie nehmen ihre Spinnrocken
mit, weil sie dort spinnen wollen. Am Abend machen sie sich
bei Zeiten wieder auf den Rückweg. Als sie nun auf der Höhe
im Tannenwalde sind, fängt es heftig an zu schneien und zu
stürmen, so daß die Kinder gar keinen Weg mehr sehen und nicht
vorwärts noch rückwärts können. Da kriechen sie am Rande
eines Hohlweges in eine kleine Höhle hinein, welche der Schnee
über ein Taunengebüsch hinweggewölbt hat; vorher aber stecken sie
ihre beiden Kunkeln oder Spinnrocken in einander, so daß eine
Stange daraus wird; dann binden sie oben ein rothes Sacktüch-
lein daran und stellen dieses Nothzeichen auf das Dach ihres