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Mens ch.
40. Gott und der Mensch.
Ich bin ein Mensch, deß freu' ich mich,
Bin besser als das Thier;
Vernunft und Freiheit habe ich,
Du, guter Gott, von dir.
Und endet dieses Lebens Zeit,
Dann gibst du mir Unsterblichkeit.
41. Die Versuchung.
Ernst, ein armer, junger Mensch, blieb einst in einer Mühle
über Nacht. Eine Bank in der untern Stube diente ihm zum
Lager. Um Mitternacht wachte er ans und hörte neben sich an
der Wand etwas picken. Er schaute auf und erblickte beim
Mondenscheine eine silberne Sackuhr. Es kam ihm eine große
Lust an die Uhr zu nehmen, und damit durch das Fenster zu
entfliehen. Das Gewissen sagte ihm wohl: Du bist nicht allein!
Gott ist bei dir. Solltest du wider ihn sündigen? Allein die
Begierde nach der schönen Uhr wurde immer größer. . Er fürch¬
tete der Begierde zu erliegen, wenn er länger bliebe. Da faßte
er mit einem Male einen edlen Entschluß. Er stieg zum Fenster
hinaus und eilte fort. Als er einige hundert Schritte fortge¬
gangen war, kam ihm Reue an, daß er die Uhr nicht mitgenom¬
men, und er wollte schon wieder umkehren. Allein sein Gewissen
mahnte ihn auf's Neue an den heiligen und gerechten Gott, und
er gab ihm Gehör, und wandelte seinen Weg in der Nacht fort.
Jetzt ging der Mond unter, Wolken bedeckten den Himmel und
es wurde sehr finster. Ernst verirrte sich und gerieth in Sümpfe.
Endlich erreichte er eine Anhöhe. H^r legte er sich ermüdet
nieder und schlief ein. Mit Anbruch des Tages wurde er von
einem widerlichen Geschrei geweckt, und als er die Augen auf¬
schlug, hatte er einen großen Schrecken. Er lag unter dem
Galgen und sah über sich einen Dieb hängen, um den sich eine
Schaar schreiender Raben versammelt hatte. Da war es ihm
nicht anders, als sagte eine Stimme in seinem Innern: Sieh',
so wäre es dir am Ende auch gegangen, wenn du das Stehlen