Object: Deutsches Lesebuch für die mittlere Stufe mehrklassiger Schulen (Abtheilung 2, [Schülerband])

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6. Littauer und Masuren. 7. Niederung an der Weichsel. 
6. Littauer und Masuren. 
1. Die Littauer wohnen im nordöstlichen Theile von Ostpreußen; 
ihre Zahl hat sich gegen früher bedeutend vermindert, so daß sie dem 
Aussterben entgegen gehen. Sie sind ein kräftiger Menschenschlag, 
schlank gewachsen. Als Krieger thun sie sich durch Muth und Tapfer¬ 
keit hervor, und ihrem Könige sind sie in Treue zugethan. Sie sind 
geborene Cavalieristen und dienen gern bei dem Dragoner-Regiment in 
Tilsit, welches größtcntheils aus Freiwilligen besteht. Die Pferdezucht 
in Littaucn ist berühmt. Dort befindet sich das Trakehner Gestüt. 
Jeder Bauer hält so viel Pferde, als er nur halten kann, und pflegt sie 
mit Sorgfalt. Sie werden bis nach Belgien, Italien und Frankreich ver¬ 
kauft und zum Theil bei der Cavallcrie eingestellt. 
Die Männer tragen lange grobwollene Röcke von dunkel-grauer 
Farbe, so daß sie durch die Uebereinstimmung ein militärisches Aussehen 
haben. Auch den Frauen ist eine besondere Tracht eigen. Die Sprache 
ist von der deutschen und polnischen ganz verschieden. Die Littauer 
sind große Freunde des Gesanges und besitzen eine Menge schöner 
Volkslieder, in ihrer Sprache Dainos genannt, die sie bei Festen, Kirch- 
fahrten und gemeinsamen Arbeiten singen. 
2. Die Masuren sind ein Zweig der Polen. Sie sind kein so 
kräftiger Menschenschlag, wie die Littauer, sondern klein von Statur, aber 
gewandt und flink. Sie lieben ihre Seen, ihre Wälder und ihre Sprache. 
Unter den Seen sind die größten: der Spirding-, der Löwentin- und 
der Mau er-See. Durch die Seen und die Wälder an ihnen bieten viele 
Strecken einen recht unmuthigen Anblick. Aber das Land ist meisten- 
theils sandig und daher wenig fruchtbar. Daher nähren sich viele Be¬ 
wohner nur kümmerlich. — Der König steht bei den Masuren in hohen 
Ehren. Am Sonntage Nachmittag versammelt §ich Jung und Alt, beson¬ 
ders die erwachsene Jugend, in der Schule. Da wird gesungen, ein Ab¬ 
schnitt der Schrift vom Lehrer erklärt und aus Missionsberichten und 
Erbauungsbüchem vorgelesen. 
7. Niederung an der Weichsel. 
I. Die Niederung an der Weichsel nimmt die ganze Fläche 
zwischen der Nogat und Weichsel bis nach Danzig Hin ein. Diese Gegenden 
gehören zu den gesegnetsten und reichsten. Mannshoch steht der Weizen, 
bis an die Brust reicht den Rindern der Klee, und durch die hoch- 
halmigen Wiesen und langen Ackerstreifen gehen die Straßen, welche 
mit Weiden hüben und drüben besetzt sind. Weithin breitet sich die 
Ebene wagerecht aus. Nur hohe Dämme ziehen sich an dem Strome 
entlang, um seine Fluthen in Schranken zu halten und die Fluren zu 
schützen.
	        
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