Full text: Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen

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Nach der segensreichen Besetzung des Großherzogthums wurde mir von 
der provisorischen Regierung zwar noch das Herbstvierteljahr bezahlt, aber in 
diesem Jahre wurde die Fortsetzung versagt bis auf höhere Entscheidung. 
Ich habe jedoch zwei Hoffnungen: die aus das Herz, die auf den 
Geist Alexander's. Ich wende mich an Sein Herz, da die wohlwollende 
Vorsehung gerade im Jahrhundert des Egoismus die Menschenliebe auf den 
höchsten Thron Europa's gesetzt hat. Ich wende mich an Seinen Geist, 
der Geister beschützt, und welcher, da er kein anderes großes Reich mehr zu 
vergrößern hat, als das größte unbegrenzte, das der Wissenschaften, dem Nor¬ 
den auch geistig längste Tage zu den geographischen geben will. 
Ich wende mich an den Herrscher voll Huld und Weisheit, dessen Zepter 
dem Magnete ähnlich ist, welcher zugleich liebend anzieht, und lehrend die 
Gegenden des Himmels zeigt.. 
-Empfangen Ew. Kais. Maj. huldreich mein neuestes, im Dec. weis¬ 
sagend geschriebenes Merkchen, das vor meinen übrigen Werken wenigstens 
das Verdienst besitzt, das kleinste zu sein. Wer große Reiche und große Be¬ 
gebenheiten beherrscht, hat nur Zeit, kleine Bücher zu lesen. Der „Thron¬ 
wechsel des Mars und Phöbus" ist ein Scherz gegen die, welche von Ihnen 
besiegt und dann beglückt wurden. Ernste Werke für europäische Freiheit 
schrieb ich schon zu einer Zeit, wo die Gefahr drohte, von einem Davoust 
rezensirt, nämlich eingekerkert zu werden. 
Genießen Ew. Maj. lange die einzig dauerhafte Universalmonarchie, die 
durch Liebe, nachdem sie die hassende gestürzt, und lange weine die Freude 
vor Ihnen und erst spät die Trauer nach Ihnen. 
Bayreuth, den 22. April 1814. I. P. Fr. Richter. 
II. Der niedere Geschäfts styl umfaßt die Privatge¬ 
schäfte der Staatsbürger, die ohne Dazwischenkunst der Obrig¬ 
keit abgemacht werden können. Also gehören dahin: Schuld¬ 
verschreibungen, Wechsel, Anweisungen, Quittungen, Zeugnisse, 
Bekanntmachungen, Aufrufe und v. a. m. Zu dem niedern Ge¬ 
schäftsstyle gehören nun auch die Geschäftsbriefe, z. B. 
Kaufmannsbriefe, Briefe, welche Gerichtsanwälte mit ihren Man¬ 
danten wechseln, Briefe über Geldangelegenheiten u. s. w. Die 
zum niedern Geschäftsstyle gehörigen Aufsätze sind so mannigfal¬ 
tig, daß wir hier nicht von allen Arten Beispiele geben können. 
Also nur einige: 
Waarenbestellung. 
Wohlgeborner Herr, 
Hochzuverehrender Herr Commerzienrath! 
Ich gebe mir die Ehre, bei Ew. Wohlgeboren ganz ergebenst anzufragen, 
ob ich vielleicht durch Ihre Handlung mit dem nöthigen Bedarf in Zucker, 
Kaffee, Rosinen u. dgl. versorgt werden könnte? Bisher hat mich der
	        
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