Full text: Sieben Bücher deutscher Dichtungen

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Neue Zelt. 
Der Kuckuck mit feint schreien, 
mucht fröhlich jdermann, 
des abends fröhlich reien 
die meidlin wolgetan, 
Spatziren zu den brunnen 
pflegt man zu dieser zeit, 
All wett sucht freud bnd Wonne, 
mit rheisen fern und weit. 
Es grünet in den weiden, 
die blümlein blüeu fein, 
die röslin aufs den selben, 
von färben mancherley. 
Ein Blümlein stehet im garten, 
das heißt Vergis nicht mein, 
das edle kraut Wegwarten, 
macht guten äugen schein. 
Ein kraut wächst jnn der awen, 
mit namen Wolgemut, 
Liebt sehr den schönen frawen, 
darzu Holunder blüt, 
die weiß und roten rosen, 
helt man jnn großer acht, 
gros gelt darum gelosen, 
schön kreutz man daraus macht. 
Das kraut jhe lenzer jhe lieber 
an manchem ende blüt, 
Bringt offt ein heimlich siber, 
wer sich nicht davor hüt. 
Ich hab es wol vernomen, 
was dieses kraut vermag, 
doch kann man dem vorkamen, 
wer was liebs braucht all tag. 
Des Morgens jnn dem thawe, 
die meidlin grasen gan, 
Gar lieblich sie anschawen, 
die schönen blümlein stan, 
daraus sie krentzlin machen, 
vnd schencken sie jhrem schätz, 
thun sie freundlich anlachen, 
vnd geben ihm ein schmatz. 
Darum lob ich ben Sommer, 
darzu den Meyen gut, 
Der wendt uns allen kummer, 
vnd bringt viel freut vnd mnt: 
der zeit wil ich geniessen, 
dieweil ich pfenig hab, 
vnd wen es thut verdriessen, 
der fall die stigen hinab. 
O. Trinklieder. 
1. 2. 
Nu biß mir recht wolkommen, 
Du Edler Rebensafft: 
Ich hab gar wohl vernommen. 
Du Pringst mir süse krafft: 
Last mir mein gmüth nicht sincken, 
Vnd sterckst das hertze mein, 
Dcumb wöllen wir dich trincken, 
Vnd alle frölich sein: 
Man sagt wol inn dem Meyen: 
Da sind die Prünlein gsund: 
Ich glaubs nicht bei mein treuen: 
Es schwenkt eym nur den Mund, 
Vnd tut im Magen schweben, 
Drumb ivil mirs auch nicht ein: 
Ich lob die Edlen Reben: 
Die bringen vns gut Wein. 
Gut Singer vnd ein Organist 
Gehören wol zusammen; 
Zuvoraus da man frölich ist 
Vnd trinkt in Gottes Namen. 
Ein ziemlich Glas Ohn Neid und Haß, 
Das macht die Clav68 greifen: 
Denn wie man spricht : Wo Wein gebricht, 
Laut selten die Sackpfeifen. 
Ein Fuhrmann der fort kommen will 
Muß schmieren seinen Wagen:. 
Also ein Sänger taug nit viel 
Er wasch denn seinen Kragen 
Mit gutem Wein. Darum schenk ein 
Den edlen Saft von Reben! 
Ich hoff zu Gott, Er wird zur Noth 
Aufs Jahr ein beßern geben.
	        
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