fullscreen: Lesebuch für das zweite Schuljahr

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9M. Die Engelbrücke. 
Einmal hatte es gedonnert und geblitzet, und eine große dunkel⸗ 
blaue Wolke stand noch am Himmel. Aber die Sonne kam heraus aus 
ihrer Kammer, und leuchtete so schön. Da gingen die Mutter und die 
Klnder hinaus in den Garten. Auf einmal blieben die Kinder stehen, 
und sahen gen Himmel. Ein großer schöner Regenbogen war über den 
Hinnnel gefpannt. Er glänzete in prächtigen Farben. Da riefen die 
Kinder: „Schaut doch an die bunte Brücke: 
Blau und grün und gelb und roth.“ 
Und die Mutter sagte dazu: 
„Dorthin führt der Weg zum Glücke, 
Wenn vergangen unsre Noth.“ 
Da sprach der kleine Karl: „Wer hat denn aber das schöne Thor 
gebaut?“ Heinrich antwortete: „Das weiß ich wohl. Den schönen 
Bogen hat unser Herrgott gebaut, und er ist eine Brücke, auf welcher 
die Englein aus dem Himmel auf die Erde herabsteigen zu den guten 
und frommen Kindern, um mit ihnen zu spielen.“ 
Da fragte der kleine Karl: „Haben denn die Engel auch mit dir 
gespielt?“ Heinrich antwortete traurig: „Ach nein! ich bin ja nicht 
immer gut gewesen!“ 
Es war nun Abend geworden, und die Mutter ging mit den 
Kindern in das Haus und brachte ein jedes in sein Bettlein. 
Der kleine Karl betete, daß die lieben Englein doch ihn besuchen, 
und mit ihm spielen möchten. Und siehe, da schlief er ein, und hatte 
gar einen schönen Traum: Die Brücke stand wieder prachtvoll vor seinen 
Augen, und liebliche kleine Engel mit goldenen Flügeln stiegen und 
schwebten auf ihr auf und ab. Sie kamen zu ihm heran, küßten ihn, brachten 
ihm schöne Blumen, sangen ihm schöne Lieder vor, und spielten mit ihm. 
So traͤumte der kleine Karl die ganze Nacht, und am Morgen, 
als die Mutter vor sein Bett trat, da hatte er seine AÄrmchen ausge— 
strecket, um die Engelchen zu greifen. Da neigte sich die Mutter über 
ihn, und gab ihm einen Kuß. Und der kleine Karl schlang seine Arme 
Um ihren Nacken, und rief halb schlafend und halb wachend: „Da hab 
ich dich endlich, du schöner Engel! Du sollst nun immer bei mir bleiben! 
Ich will auch immer gut und fromm sein.“ — 
Darnach schlief und träumte das Kindlein weiter, und die Mutter 
weinete vor Freuden. 
92. Das Kind unter den Wölfen. 
Auf dem Riesengebirge lebte einmal eine arme Frau, die hatte ein 
kleines Kind und auch eine Heerde. Dieselbe gehörte aber nicht der 
Frau, sondern sie hütete sie nur.
	        
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