Full text: (Achtes und neuntes Schuljahr) (Teil 4 für Kl. 2 u. 1)

138 
im Garten ober in den nächsten Feldern und Wäldchen; in der Stadt 
beschränkt sie sich auf das Wohnhaus und seine Nebengebäude. Hier 
bietet ihr jede Ritze, jede Höhlung, jeder Winkel, wo sie sich verstecken 
kann, genügendes Obdach, und von hier unternimmt sie ihre Streifzüge. 
2. Mit größter Schnelligkeit rennt sie auf dem Boden dahin, klettert 
vortrefflich, springt ziemlich weit und hüpft oft längere Zeit nachein¬ 
ander in kurzen Sätzen fort. An zahmen Mäusen kann man beob¬ 
achten, wie geschickt sie alle Bewegungen ausführt. Läßt man sie auf 
einem schief aufwärts gespannten Bindfaden oder auf einem Stückchen 
gehen, so schlingt sie, sobald sie zu fallen fürchtet, ihren Schwanz schnell 
um das Seil, bringt sich wieder in das Gleichgewicht und läuft weiter. 
Setzt man sie auf einen biegsamen Halm, so klettert sie auf demselben 
bis zur Spitze empor. Wenn der Halm sich dann niederbiegt, hängt sie 
sich auf der unteren Seite an und steigt hier langsam herunter. Ganz 
allerliebst sind auch die verschiedenen Stellungen, welche sie einnehmen 
kann. Schon wenn sie ruhig sitzt, macht sie einen ganz hübschen Ein¬ 
druck; erhebt sie sich aber, nach Nagerart auf das Hinterteil sich stützend, 
und putzt und wäscht sie sich, dann sieht sie überaus niedlich aus. Sie 
kann sich auf den Hinterbeinen aufrichten wie ein Mensch und sogar 
einige Schritte gehen. Dabei stützt sie sich nur dann und wann ein 
klein wenig mit dem Schwänze. Das Schwimmen versteht sie auch, 
obwohl sie nur im höchsten Notfälle ins Wasser geht. 
3. Fhre Sinne sind vortrefflich. Sie hört das feinste Geräusch, 
riecht scharf auf weite Entfernungen, sieht auch gut, vielleicht noch 
besser bei Nacht als bei Tage. Sie ist gutmütig und harmlos und 
ähnelt nicht im geringsten ihren boshaften, tückischen und bissigen Ver¬ 
wandten, den Ratten. Sie ist neugierig und untersucht alles mit der 
größten Sorgfalt; sie ist lustig und klug, merkt bald, wo sie geschont 
wird, und gewöhnt sich hier mit der Zeit so an den Menschen, daß 
sie vor seinen Angen hin- und herläuft. 
4. Alle angenehmen Eigenschaften unserer Hausgenossin werden 
leider durch ihre Lüsternheit und Naschhaftigkeit sehr beeinträchtigt. 
Man kann sich schwerlich ein naschhafteres Geschöpf denken als eine 
Hausmaus. Sie sucht sich immer die besten Bissen aus. Süßigkeiten 
aller Art, Milch, Fleischspeisen, Käse, Fette, Früchte und Körner wer¬ 
den von ihr bevorzugt. Wo sie etwas Genießbares wittert, toeiß sie 
sich einen Zugang zu verschaffen, und es kommt ihr nicht darauf an, 
eine oder mehrere Nächte angestrengt zu arbeiten, um selbst feste, starke 
Türen zu durchnagen. Findet sie viele Nahrung, welche ihr besonders 
mundet, so trägt sie sich auch noch Vorrat davon in ihre Schlupfwinkel 
und arbeitet mit der Hast eines Geizigen an der Vermehrung ihrer 
Schätze. Der Schaden, welchen die Hausmaus durch Wegfressen ver¬
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.