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im Garten ober in den nächsten Feldern und Wäldchen; in der Stadt
beschränkt sie sich auf das Wohnhaus und seine Nebengebäude. Hier
bietet ihr jede Ritze, jede Höhlung, jeder Winkel, wo sie sich verstecken
kann, genügendes Obdach, und von hier unternimmt sie ihre Streifzüge.
2. Mit größter Schnelligkeit rennt sie auf dem Boden dahin, klettert
vortrefflich, springt ziemlich weit und hüpft oft längere Zeit nachein¬
ander in kurzen Sätzen fort. An zahmen Mäusen kann man beob¬
achten, wie geschickt sie alle Bewegungen ausführt. Läßt man sie auf
einem schief aufwärts gespannten Bindfaden oder auf einem Stückchen
gehen, so schlingt sie, sobald sie zu fallen fürchtet, ihren Schwanz schnell
um das Seil, bringt sich wieder in das Gleichgewicht und läuft weiter.
Setzt man sie auf einen biegsamen Halm, so klettert sie auf demselben
bis zur Spitze empor. Wenn der Halm sich dann niederbiegt, hängt sie
sich auf der unteren Seite an und steigt hier langsam herunter. Ganz
allerliebst sind auch die verschiedenen Stellungen, welche sie einnehmen
kann. Schon wenn sie ruhig sitzt, macht sie einen ganz hübschen Ein¬
druck; erhebt sie sich aber, nach Nagerart auf das Hinterteil sich stützend,
und putzt und wäscht sie sich, dann sieht sie überaus niedlich aus. Sie
kann sich auf den Hinterbeinen aufrichten wie ein Mensch und sogar
einige Schritte gehen. Dabei stützt sie sich nur dann und wann ein
klein wenig mit dem Schwänze. Das Schwimmen versteht sie auch,
obwohl sie nur im höchsten Notfälle ins Wasser geht.
3. Fhre Sinne sind vortrefflich. Sie hört das feinste Geräusch,
riecht scharf auf weite Entfernungen, sieht auch gut, vielleicht noch
besser bei Nacht als bei Tage. Sie ist gutmütig und harmlos und
ähnelt nicht im geringsten ihren boshaften, tückischen und bissigen Ver¬
wandten, den Ratten. Sie ist neugierig und untersucht alles mit der
größten Sorgfalt; sie ist lustig und klug, merkt bald, wo sie geschont
wird, und gewöhnt sich hier mit der Zeit so an den Menschen, daß
sie vor seinen Angen hin- und herläuft.
4. Alle angenehmen Eigenschaften unserer Hausgenossin werden
leider durch ihre Lüsternheit und Naschhaftigkeit sehr beeinträchtigt.
Man kann sich schwerlich ein naschhafteres Geschöpf denken als eine
Hausmaus. Sie sucht sich immer die besten Bissen aus. Süßigkeiten
aller Art, Milch, Fleischspeisen, Käse, Fette, Früchte und Körner wer¬
den von ihr bevorzugt. Wo sie etwas Genießbares wittert, toeiß sie
sich einen Zugang zu verschaffen, und es kommt ihr nicht darauf an,
eine oder mehrere Nächte angestrengt zu arbeiten, um selbst feste, starke
Türen zu durchnagen. Findet sie viele Nahrung, welche ihr besonders
mundet, so trägt sie sich auch noch Vorrat davon in ihre Schlupfwinkel
und arbeitet mit der Hast eines Geizigen an der Vermehrung ihrer
Schätze. Der Schaden, welchen die Hausmaus durch Wegfressen ver¬