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Die Haupt-Schwestertugend der Sparsamkeit ist der Fleiß. Der
Fleißige ist gewöhnlich auch sparsam, der Sparsame auch fleißig. Dem
Faulen ist's oft zu schwer und zu viel, auch da zuzugreifen, wo er mit
leichter Mühe etwas verdienen kann, wo er einmal einen Überverdieuft
wahrnehmen, ein recht gutes Geschäft machen konnte. Er kann daher
auch nichts sparen, er erwirbt nichts, er hat nicht?. Wer aber hat,
zunächst etwas, den: wird gegeben, der bekommt auch immer mehr, daß
er die Fülle habe. Alle, die mit wenigem angefangen, aber es zu etwas
gebracht haben, haben diese beiden Tugenden gelernt und geübt: Fleiß
und Sparsamkeit. In jeder Stadt giebt's Beispiele von solchen, die
durch angestrengten Fleiß, durch Einsicht, Geschicklichkeit, auch durch Glück
und Segen emporgekommen sind zu Wohlstand, Ansehen und Einfluß im
bürgerlichen Gemeinwesen oder zu hohen Ämtern; nie hat unter ihren
Tugenden die Sparsamkeit gefehlt. Hier einige Beispiele. In ganz Europa
bekannt sind als solche Männer der Industrie (d. h. des Fleißes) der ur¬
sprüngliche Begründer der großen Eisengießereien und Maschinenfabriken
in Berlin, Johann Karl Friedrich August Borsig, ans dessen Werkstätten
die meisten Lokomotiven Deutschlands hervorgegangen sind, ferner der (auch
schon verstorbene) Besitzer vieler Leinenfabriken, Karl Metz zu Freibnrg
i. Br., der bayerische Reichsrat Lothar von Faber in und bei Nürnberg,
dessen Name auf so vielen eurer Bleistifte steht, und von dem man jetzt
auch die besten und schönsten Schiefertafeln und Griffel bekommt, und der
ebenfalls Heimgegangene Krupp in Essen, der eine Stadt von Tausenden
von Eisenarbeitern begründet und namentlich in der Geschützgießerei das
Größte geleistet hat. Sie alle haben klein angefangen. Der berühmte
Engländer Cobden erwähnt einer Fabrik, welche 3000 Arbeiter beschäftigte,
und von deren Eigentümer man erzählte, er habe vor 25 Jahren mit
Not begonnen und sei jetzt ein steinreicher Mann. Auf die Frage an ihn,
ob er denn wirklich sein großes Vermögen ganz allein erworben habe,
antwortete er: „O nein, ich habe mich glücklich verheiratet, denn meine Frau
verdiente mit Weberei wöchentlich 9 Schilling und 6 Pence (— 10 M)\"
Der Sparsame muß auf Ordnung und Einteilung in seinen Ein¬
nahmen und Ausgaben halten, sonst kann er ntct;t wissen, ob er seinen
Zweck erreicht. Je größer ein Geschäft, ein Amt, ein Besitz ist, desto
nötiger ist Ordnung im Betriebe des Geschäfts, in der Führung des
Amtes, in der Verwaltung des Vermögens. Da heißt's, die Zeit wie die
Geschäfte ordentlich einteilen, also alles wohl ordnen; sonst kommt man
nicht zum Ziele. „Ordnung lerne, übe sie! Ordnung spart dir manche
Müh'."