fullscreen: Die neue Zeit (Theil 3)

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schwammen, den Degen im Munde, nach dem jenseitigen Ufer und jagten 
dem Feinde mehrere Kähne ab, die sie im Triumphe herüberbrachten. 
Diese wurden mit Scharfschützen bemannt, um den Uebergang der Reiterei 
zu decken. Ihnen zur Seite ritten der Kaiser, Ferdinand, Moritz, Alba 
und die übrigen Führer durch die Furth. Der Kaiser hatte sich wie zum 
Siege geschmückt. Mit der Linken tummelte er sein andalusisches Streit¬ 
roß, mit der Rechten schwang er die Lanze und die eben durchbrechende 
Sonne spiegelte sich an seinem vergoldeten Helme und Panzer. 
Es war Sonntag und der Kurfürst wohnte eben dem Gottesdienste 
bei, als man ihm plötzlich die Ankunft des Kaisers verkündigte. Anfangs 
wollte er nicht glauben, was man ihm berichtete; als er aber nicht 
länger zweifeln konnte, ordnete er eiligst seinen Rückzug nach Wittenberg 
an. Doch es war schon zu spät. Sein Heer wurde auf der Lochauer Haide 
eingeholt und zum Treffen gezwungen. Mit dem wilden Kriegsgeschrei: 
Hispania! Hispania! warf sich die spanische Reiterei auf die sächsische und 
schlug sie in die Flucht. Bald waren auch die Reihen des Fußvolks 
durchbrochen, und das ganze sächsische Heer löste sich in wilde Flucht auf. 
Der Kurfürst suchte zu entkommen, wurde aber von einem Schwarm leichter 
Reiter eingeholt. Er vertheidigte sich mit dem Muthe der Verzweiflung, 
erhielt aber einen starken Hieb in die linke Wange und mußte sich er¬ 
geben. Gefangen wurde er vor den Kaiser geführt; Gesicht und Panzer 
waren mit Blut bedeckt. Als ihn der Kurfürst mit den Worten: „Aller¬ 
gnädigster Kaiser!" anredete, unterbrach er den Bittenden: „So, nun 
bin ich Euer allergnädigster Kaiser? Ihr habt mich lange nicht so ge¬ 
heißen!" — „Ich bin," fuhr der Kurfürst fort, „Eurer kaiserlichen 
Majestät Gefangener, und bitte um ein fürstliches Gefängniß!" — 
„Wohl!" rief der Kaiser, „Ihr sollt gehalten werden, wie Ihr es verdient!" 
Nun ging Karl vor Wittenberg, wo die Kurfürstin mit ihren Kindern 
war. Der Kaiser verlangte, daß gleich die Thore geöffnet werden sollten, 
sonst würde er ihnen den Kopf des Kurfürsten hineinschicken. Die muthige 
Frau aber ließ sich nicht schrecken; sie mochte wohl die Drohung nicht für 
Ernst halten. Indessen ward der hohe Gefangene wirklich zum Tode ver- 
urtheilt, aber es kam nicht zur Hinrichtung; nur unter sehr harten Be¬ 
dingungen konnte der Kurfürst sein Leben retten. Er mußte für sich und 
seine Nachfolger auf die Kurwürde und sein Land Verzicht leisten, und 
zu seinem Unterhalt behielt er blos einige Aemter in Eisenach, Gotha, 
Weimar rc., aus denen später die kleinen Herzogthümer sich bildeten. Sein 
Land und seine Würde erhielt Moritz; durch ihn ist die jüngere (alberti- 
nische) Linie in den Besitz des späteren Königreichs Sachsen gekommen. 
Mit Ergebung unterwarf sich Johann Friedrich seinem traurigen 
Schicksal, das ihm jedoch der Kaiser auf alle Art zu mildern suchte, denn 
er behandelte ihn fortan mehr wie einen Gast, als wie einen Gefangenen. 
Ueberhaupt zeigte sich der Kaiser in Sachsen höchst edelmüthig. Als die 
Kurfürstin mit ihren Kindern vor ihm einen Fußfall that, hob er sie 
freundlich auf, sprach ihr Trost zu und erlaubte ihrem Gemahl, acht Tage
	        
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