fullscreen: Lesebuch für Mädchenfortbildungsschulen und ähnliche Anstalten

Deutsches Land und Volk. 
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2. Die deutsche Kolonisation hat sich aber nicht allein auf Europa beschränkt, 
sondern hat sich auch auf die überseeischen Kontinente ausgedehnt, und hier steht 
sie noch in vollem Schwünge. Nordamerika hat sich infolge seiner Klima- wie 
Bodenverhältnisse als ein ganz besonders bevorzugtes Einwanderungsgebiet erwiesen. 
An dem Auswandererstrom, der sich hierher ergießt, nimmt das deutsche Element 
zu nicht geringen Prozenten Anteil. 
Nordamerika ist bereits seit drei Jahrhunderten das große Ziel der überseeischen 
europäischen Auswanderung. Über 90 Prozent der deutschen Auswanderer gehen 
seit Jahrzehnten nach der Union. Unbestreitbar ist es, daß der Zufluß deutscher 
Intelligenz und deutschen Talentes, besonders nach dem Jahre 1849, tiefe Spuren 
in der geistigen Entwickelung der Union hinterlassen hat, und die deutschen Aus¬ 
wanderer haben unter ihren Reihen gar manchen bedeutenden Namen zu verzeichnen, 
so z. B. Karl Schurz, der sowohl als Volksredner, als Advokat, als Heerführer, 
wie als Minister des Innern viel zur Hebung des Deutschtums, wie überhaupt 
des öffentlichen Wohles beigetragen hat. Die Deutschen spielen in der gesamten 
Union eine große Rolle; vorwiegend stark vertreten sind sie in den Uferstaaten der 
großen Seen, Illinois, Michigan und Wisconsin, dann aber in Ohio und Indiana. 
Auch das britische Nordamerika weist viele deutsche Ansiedler auf, ebenso Süd¬ 
amerika. In Südbrasilien ragen verschiedene deutsche Ackerbaukolonieen hervor, so 
Blumenau, Annaburg, Badenfurt, Santa Theresa, Theresopolis u. a. m.; die 
erstere ist die bekannteste deutsche Ansiedelung, sie wurde 1850 von Blumenau mit 
17 Geführten gegründet und hat sich seit dieser Zeit zu einem blühenden Ort entwickelt. 
3. Weit geringer als nach Amerika ist die deutsche Auswanderung nach Au¬ 
stralien. Die ansehnlichsten deutschen Kolonieen breiten sich in Südaustralien aus, 
dann in Queensland und in Neusüdwales. Die ersten Ansiedelungen reichen bis 
zum Jahre 1837 zurück, wo Winzer aus Hattenheim im Rheingau die ersten Wein- 
pflanzungen in Neusüdwales anlegten. Späterhin kamen deutsche Ackerbauer. Das 
nennenswerteste deutsche Ansiedelungsgebiet liegt nordöstlich von Adelaide an der 
Eisenbahn nach Morgan am Murray. Folgende Ortsnamen verraten sofort den 
deutschen Ursprung: Blumberg, Rheinthal, Kaiserstuhl, Neumecklenburg, Karlsruhe, 
Sommerfeld, Hildesheim; die Namen Bismarck und Sedan erinnern an Deutsch¬ 
lands glorreiche Tage; Gnadenfrei, Nain, geben sich als Gründungen der Herrn¬ 
huter kund. Hahndorf im Südosten von Adelaide ist eine der bekanntesten An¬ 
siedelungen von rein deutschem Gepräge, geschmückt durch zwei Kirchen, ein Pfarr¬ 
haus und ein Lehrerseminar. 
In Ozeanien begegnen wir vereinzelten deutschen Niederlassungen, die sich 
jedoch mit dem Besitzergreifen deutscher Schutzgebiete auf Neu-Guinea und seiner 
benachbarten Inselwelt, auf den Samoainseln, den Karolinen, Marianen, Palau- 
inseln und in dem Kiautschoupachtgebiet Ostasiens von Jahr zu Jahr vermehren 
und vergrößern. 
4. Mit der Zeit wird Afrika für uns Deutsche ein großes Einwanderungsgebiet 
werden. Hier ist die Möglichkeit durch unsere Schutzgebiete gegeben, daß der 
deutsche Auswanderer — wenn auch seiner engeren Heimat — so doch nicht als 
Deutscher verloren geht. Die zur Ansiedelung geeigneten Landstrecken unserer 
afrikanischen Kolonieen müssen aber erst dem Verkehr erschlossen werden, und dann 
gebrauchen sie tüchtige Ansiedler. Manche erfreuliche Ansätze sind schon nach dieser 
Richtung hin gemacht worden. 
Nachdem wir endlich nach langer politischer Zerrissenheit 1870 ein großes einiges 
Deutsches Kaiserreich mit Gottes Hilfe errichtet haben, kann der Deutsche im Aus¬ 
land mit Stolz auf sein Vaterland blicken, und wir im Vaterland wollen ihm dies 
edle und stolze Bewußtsein mit fördern helfen, ihm, dem Bruder vom gleichen 
Fleisch und Blut, stets hilfreich die Hand reichen und so unsere nationale Zu¬ 
sammengehörigkeit freudigen Herzens offenbaren und bekunden, daß das Deutsche 
Reich ein Weltreich geworden ist; wir wollen aber auch für alle Zukunft sorgen, 
daß das Deutsche Reich ein Weltreich bleibe. Dr. Max Eckart.
	        
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