dient als Getränk Schnaps und Bier i'trr auch ein Geiuisch desselben „SchnapSbier"
genannt. 3) seine Friedfertigkeit. Aus Kirchweihen, Jahrmärkten und in Wirths¬
häuser» hört man nur selten von Streitigkeiten und sehr selten arten sie zu körperlichen
Mißhandlungen aus. Auch die Prozeßsucht des Hinterländcrs soll nicht derjenigen
anderer Landestheile gleichen. — Die Bewohner des Lahnthales oder s. g. alten Amts
Biedenkopfs sind weniger aufgeweckt und intelligent, wie die des Grundes Breitcnbach.
Sie hängen sehr am Alten; Verbesserungen in ökonomischen und sonstigen Einrichtungen
finden deshalb bei ihnen wenig Anklang, während die intelligenteren Bewohner des
Grundes Breidenbach für die angeführten Verbesserungen viel empfänglicher sind. Dem
Wanderer zeigt dies schon der Anblick der Wiesenthälcr. Während im Grunde Bre>-
denbach gar manche Wiesengründe schön angelegt und bebaut sind, liegen im alten
Amt Biedenkopf ganze Strecken an den Ufern der Lahn noch unbebaut.
Von eigenthümlichen Gebräuchen und Sitten finden sich besonders in ein¬
zelnen Oertcr» und Districten noch mancherlei vor. In dem Eentralpunkte des Hinter¬
landes, in Biedenkopf selbst, hat sich noch einiges erhalten. Im Sommer unternehmen
da, meist straßenweise, zahlreiche Gesellschaften oft unter festlichen Auszügen Ausflüge
auf die nahen Waldblößen, von denen jede ihren besonderen zum Theil schön klingen¬
den Namen hat, z. B- Schönscheit, Kuhleich, Knochendrisch re. und kehren mit der
Nacht unter Elarinetten- und Paukenschall in die Stadt zurück, wo die freudetrunkene
Jugend vor dem Auseinandergehen auf dem Marktplatz erst noch einen lustigen Reigen
aufführt. Selbst noch in der neuesten Zeit wurde auch ein s. g. Grcnzgang festlich
gefeiert. Dabei bringt die gesainmkc Bürgerschaft nebst den Beamten mehrere Tage
damit zu, die Grenzlinie vcs Wclchöilvs der Stadt durch Dick und Dünn zu ver¬
folgen und unterwegs an bestimmten Punkten Halt zu machen und neue Grenzsteine
einzusetzen oder die alten aufzugraben, dabei aber natürlich den ermüdeten Gliedern
ihre entsprechende Genugthuung zu verschaffen. — In manchen Jahren fällt im Hin¬
terland die Buchcneckernerndte sehr ergiebig aus. Ganze Karawanen sicht man dann
aus den Gemeinden in den Wald ziehen, mit großen Leintüchern und Hämmer» ver¬
sehe», mittelst deren die Bäume geklopft und ihrer Bürde entladen werden. In solchen
Tagen habe» dann auch die Acrmeren gute Tage; mit dem Oel der Bucheln werden
dann die verschiedensten Speisen zubereitet. I» allen Küchen duffen Kröpfeln, Eiien-
knchen oder Waffeln und Kropseukuche». außer Pfannkuchen die drei vorzugsweise vor¬
kommenden Formen von Backwerk, dessen Hauptbestanvtheile Kartoffeln und Hafermehl
sind. Unter die Hauptbelustigungen des Hinterländcrs gehört die Kirchweihe, die im
Grunde jährlich einen Tag, im alten Amt alle drei Jahre drei Tage lang gefeiert
wird. Da wird viel Schnaps getrunken und viel getanzt. Beim Walzen schleifen die
Tänzer nicht, sondern trete» mit dem platten Fuße auf, so daß dem, der einem solchen
Tanze von fern zusieht, immer von der Taktbcwegung der Tanzenden ta, ta, ta entge¬
genschallt. Der ganze Tanz ist ein heftiges Stampfen. Die Tänze werden oft im
Freien gehalten; des Abends erleuchtet eine an einem Baum hängende Laterne den
Tanzplatz. — Bemerkenswcrth ist wie in manchen Orten des Amtes Biedenkopf Ehen
geschlossen werden! Wenn ein Bursche ein Mädchen aus einem anderen Orte zu hci-
rathen beasichtigt und nicht bestimmt weiß, ob er Hoffnung hat erhört zu werden,
dann geht er spät Abends, nachdem sich schon die meisten Bewohner zur Ruhe begeben
haben mit einigen ganz vertrauten Personen in den Ort seiner Auserwähltcn, klopft
an dem Haus der Aeltern an und bittet um Einlaß. Ist dieser gewährt, dann ant-
Worten die Eingetretenen auf die Frage, was sie in so später Zeit noch wünschten :
sie beabsichtigten eine Magd zu dingen. Die Aeltern verstehen natürlich den Sinn
dieser Frage. Sind sie nun dem Antrag nicht geneigt, so erklären sie : „Wenn ihr
eine Magd wollt, so müßt ihr wo anders suchen, wir können unser Mädchen nicht
entbehren!" Sind sie aber dem Antrag geneigt, dann werden alle Frauenspersonen
im Haus, jeden Alters, vor allen diejenigen, denen die Nachfrage nicht gilt, mit der
Frage vorgeführt : ob die vorgeführte paffend sei. Da ist denn bei der einen dieser,