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Im Donauthale liegt Wien (mit den Vororten 1,003. 000, ohne
diese 727. 000, 1887: 1,202. 000 E.) die Haupt— und Residenzstadt
der Monarchie, zugleich deren erste Handels- und Indn striestadt.
Wien ist vermöge seiner Lage der natürliche Mittelpunkt der Mon—
archie, wie auch der natürliche Mittelpunkt des Verkehrs zwischen dem
oberen, mittleren und unteren Donaugebiete und zwischen dem östlichen Deutschland
und dem adriatischen Meere. Denn hier, wo die drei großen Gebirgssysteme der Mon—
archie zusammentreffen, ohne sich zu berühren, gewinnt auch bald die Donan größere
Verhältniffe, welche die Schiffahrt in manchen Beziehungen begünstigen; hier mündet
das Marchthal, welchem entlang man zur „mährischen Pforte“ und durch diese in das
Elbe-, Oder- und Weichselgrbiet gelangt; hier liegt die Donau dem adriatischen Meere
am nächsten und die zwischen beiden liegenden Theile der Alpen sind niedrig genug,
um bequem überschritten werden zu können (Eemmcringbahn).
Wien ist unter mancherlei Hindernissen (wiederholte Belagerungen und feindliche
Oecupationen) allmählich zu der jetzigen Größe in natürlicher Eutwicklung herau—
gewachsen. Es besteht (gleich Paris) aus der alten Stadt, J. Bezirk,innere Stadt“,
und den (36) nunmehr in weitere 9 Bezirke zusammengezogenen „Vorstädten“; das
Ganze ist von den „Vororten“ umgeben, welche sich unmittelbar an die Stadt an—
schließen, und zwar besondere Gemeinden bilden, deren Bevölkerung aber mit allen ihren
Lebensinteressen der Stadt Wien selbst angehört.
Ohne dicse Vororte bedeckt Wien einen Flächenraum von 59 Am2. Die „innere
Stadt“ ist von den Vorstadtbezirken durch die prachtvolle „Ringstraße“ geschieden,
welche an die Stelle der alten Befestigungswerke trat. Die bedeutendsten Bauwerke der
„inneren Stadt“, welche mit ihren vielen engen Gassen und kleinen Plätzen noch viel—
fach an vergaugene Zeiten erinnert, sind der „Stephansdom“ mit dem 138 m hohen
Thurme und die „Burg“, die Residenz des Kaisers, aus mehreren sehr verschiedenen
Zeitepochen angehörigen Gebäuden bestehend. Dagegen enthält die „Ringstraße“ eine
große Anzahl moderner Prachtbauten. Tie Tonauinjel, auf welcher die Vorstadt
„Leopoldstadt“ liegt, enthält den weltberühmten „Prater“, in welchem auch der Valast
für die Weltausstellung im Jahre 1873 erbaut wurde.
Wien ist mit seiner Universität und seinen anderen wissenschaftlichen Instituten
(Akademie der Wissenschaften u. s. w.), seinen großartigen Sammlungen Bibliotheken
Bildergalerieu u. s. w.) das geistige Kentrum des ganzen Reiches, wie es auch
dessen erste Handels- und Industriestadt ist Specialitäten in Seidenfabrication,
Shawls, Gold- und Silberarbeiten, in Artikeln der Kunstindustrie u. a. m.).
Keine andere Großstadt erfreut sich einer in landschaitlicher Beziehung so
zünstigen Lage an einem großen Strome und in unmittelbarster Nähe der herrlichen
Alpenwelt, welche mit ihren Ausläufern bis vor die Thore der Stadt reicht.
In der Nähe von Wien liegen die kaiserlichen Lustschlösser Schönbrunn und
Larenburg.
Donauabwärts gelangt man nach Schwechat (große Bier—
brauerei), Painburg (Taban — ↄnell mit zahlreichen
Überresten des alten Carnu iegen das prächtige
Augustiner-Chorherrenstift industrielle Sto—
ckerau und Krems, das die prachtvollen
Benedictinerabteien Gö Naine der Burg
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