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von der Welt unbefleckt erhalten. Tu ein Werk der Barmherzig¬
keit am Sonntag. Du hast für dich, die Familie, die Kirche deinen
Sonntag gehabt und sollst ihn auch noch in Gottes schöner, freier
Natur haben. Ein Ständlein bleibt dir indes wohl, Arme, Kranke,
Verlassene zu besuchen. Auch das darfst du zum Besuche der Trau¬
rigen und Angefochtenen rechnen, daß du ihnen Briefe schreibst, sie
zu trösten und aufzurichten. Liebe Gott über alles, — das Gebot
treibt dich am Sonntag zur andächtigen Versenkung in Gott. Liebe
deinen Nächsten wie dich selbst, — das Gebot soll dich dazu treiben,
daß du am Sonntag wohltust und leibliche und geistliche Schäden
heilen hilfst.
10. Einen lustigen Sonntag willst du haben. Das ist ein lustiger
Sonntag: der Leib rein, die Seele frei, der Geist frisch, das Kleid
festlich, das Haus geschmückt, die Kirche voll, die Kinder fröhlich,
die Alten friedlich, kein Kranker ohne Trost, kein Einsamer ohne Besuch,
Gottes Odem in Feld und Wald — und über all dem frommen und
schönen Leben der blaue Himmel wie Gottes Wohlgefallen.
Wilhelm Baur.
10. Du sollst den Feiertag heiligen.
1. Ein ehrlicher Grobschmiedgesell kam auf seiner Wanderschaft
in eine Werkstatt, wo es recht tapfer herging mit Hämmern und
Feilen bis zum Abend, und es war ihm eben recht; denn er arbeitete
gern. Als aber der Sonntag kam und das Hämmern nicht aufhörte
und keine andre Orgel zu hören war als der Blasebalg, war es ihm
nicht ganz recht; denn er wäre gern in die Kirche gegangen, ein
geistliches Lied mitzusingen. Aber der Meister wollte aus seinem
Eisen alle Taschen voll Gold schmieden und dachte: Warum soll
mein Handwerk bloß am Sonntag keinen goldenen Boden haben?
2. Eine Weile hat sich’s der Gesell eben gefallen lassen, weil er
dem Meister nicht wollte zuwider sein. Allein ohne den Sonntag
schmeckte ihm das Leben wie eine Wassersuppe, in der kein Salz
ist. Also faßt er sich ein Herz, geht zum Meister ins Haus und
sagt: „Meister, ich kann ohne Gottes Wort nicht länger bestehn,
und wenn ich mich den Sonntag in der Werkstatt abarbeite, bin ich
die Woche nur ein halber Mensch; darum seid so gut und gebt mir
um Sonntag meine Freiheit.“ Der Meister sagt: „Nein, das geht
uicht an; denn du hast die Aufsicht in der Werkstatt, und außerdem,
wenn einer fortginge, könnten sie alle fortgehn, und dann stünde
das Geschäft still.“ — „Aber ohne Gottes Wort verkomme ich,“
sagt der Gesell, „und es geht einmal nicht mehr. Ihr wißt, faul
bin ich nicht, und Euern Schaden will ich auch nicht. Und wofür
bin ich ein Christ, wenn ich keinen Sonntag habe?“
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