Full text: Oberstufe (Teil 2, [Schülerbd.])

7 
von der Welt unbefleckt erhalten. Tu ein Werk der Barmherzig¬ 
keit am Sonntag. Du hast für dich, die Familie, die Kirche deinen 
Sonntag gehabt und sollst ihn auch noch in Gottes schöner, freier 
Natur haben. Ein Ständlein bleibt dir indes wohl, Arme, Kranke, 
Verlassene zu besuchen. Auch das darfst du zum Besuche der Trau¬ 
rigen und Angefochtenen rechnen, daß du ihnen Briefe schreibst, sie 
zu trösten und aufzurichten. Liebe Gott über alles, — das Gebot 
treibt dich am Sonntag zur andächtigen Versenkung in Gott. Liebe 
deinen Nächsten wie dich selbst, — das Gebot soll dich dazu treiben, 
daß du am Sonntag wohltust und leibliche und geistliche Schäden 
heilen hilfst. 
10. Einen lustigen Sonntag willst du haben. Das ist ein lustiger 
Sonntag: der Leib rein, die Seele frei, der Geist frisch, das Kleid 
festlich, das Haus geschmückt, die Kirche voll, die Kinder fröhlich, 
die Alten friedlich, kein Kranker ohne Trost, kein Einsamer ohne Besuch, 
Gottes Odem in Feld und Wald — und über all dem frommen und 
schönen Leben der blaue Himmel wie Gottes Wohlgefallen. 
Wilhelm Baur. 
10. Du sollst den Feiertag heiligen. 
1. Ein ehrlicher Grobschmiedgesell kam auf seiner Wanderschaft 
in eine Werkstatt, wo es recht tapfer herging mit Hämmern und 
Feilen bis zum Abend, und es war ihm eben recht; denn er arbeitete 
gern. Als aber der Sonntag kam und das Hämmern nicht aufhörte 
und keine andre Orgel zu hören war als der Blasebalg, war es ihm 
nicht ganz recht; denn er wäre gern in die Kirche gegangen, ein 
geistliches Lied mitzusingen. Aber der Meister wollte aus seinem 
Eisen alle Taschen voll Gold schmieden und dachte: Warum soll 
mein Handwerk bloß am Sonntag keinen goldenen Boden haben? 
2. Eine Weile hat sich’s der Gesell eben gefallen lassen, weil er 
dem Meister nicht wollte zuwider sein. Allein ohne den Sonntag 
schmeckte ihm das Leben wie eine Wassersuppe, in der kein Salz 
ist. Also faßt er sich ein Herz, geht zum Meister ins Haus und 
sagt: „Meister, ich kann ohne Gottes Wort nicht länger bestehn, 
und wenn ich mich den Sonntag in der Werkstatt abarbeite, bin ich 
die Woche nur ein halber Mensch; darum seid so gut und gebt mir 
um Sonntag meine Freiheit.“ Der Meister sagt: „Nein, das geht 
uicht an; denn du hast die Aufsicht in der Werkstatt, und außerdem, 
wenn einer fortginge, könnten sie alle fortgehn, und dann stünde 
das Geschäft still.“ — „Aber ohne Gottes Wort verkomme ich,“ 
sagt der Gesell, „und es geht einmal nicht mehr. Ihr wißt, faul 
bin ich nicht, und Euern Schaden will ich auch nicht. Und wofür 
bin ich ein Christ, wenn ich keinen Sonntag habe?“ 
5 
10 
15 
20 
25 
30 
35 
40
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.