Mythen und Sagen der Griechen.
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war, wie die Sage berichtet, ein phönizischer Königssohn, den stm Vater
aussandte, um feine von Zeus in Stiergestalt geraubte Schwester Europa zu
suchen. Das delphische Orakel wies ihn an, da eine Stadt zu gründen, wo
sich eine heilige, ihm vorausfchreitende Kuh niederlassen würde; sie lagerte
sich an der Stelle des späteren T h e b e n, und so gründete er hier eine Stadt.
Ihm wurde die Einführung der Buchstabenschrift zugeschrieben, welche die
Hellenen in der Tat von den Phöniziern empfangen haben. _
Unter den späteren Königen Thebens waren es besonders Ödipus und
sein Geschlecht, denen die Sage furchtbare Schicksale zuschrieb. Ödipus
war der Sohn des Königs L a i u § und der Jo käste. Ihn lieh der Vater
kurz nach der Geburt aussetzen, weil ihm ein Orakel verkündet hatte, sein
Sohn werde ihm das Leben nehmen; aber das Kind wurde von Hirten ge¬
funden, nach Korinth gebracht und von dem König dieser Stadt auserzogen.
Herangewachsen, zog Ödipus aus, um über sein Schicksal Gewißheit zu haben.
Das delphische Orakel riet ihm, sein Vaterland zu meiden, da er sonst seinen
Vater töten, seine Mutter heiraten werde. So mied er denn Korinth; da
traf er Lcüus in einem Hohlweg, kam mit ihm in Zwist und erschlug ihn.
Dann gelangte er nach Theben, löste das Rätsel der Sphinx, die schon
viele Thebaner verschlungen hatte, weil sie es nicht hatten losen können,
wurde deshalb von der dankbaren Bürgerschaft zum König erhoben und
heiratete Jokaste. So herrschte er lange Jahre in Theben, bis eine P e st
ausbrach, die, wie das Orakel erklärte, dann erst weichen würde, wenn man
den Mörder des La'ius entdecke. Ödipus stellte Nachforschungen an, und es
ergab sich, daß er, wie es ihm die Pythia geweissagt hatte, seinen Vater
gemordet und die Mutter geheiratet hatte. Jokaste erhängte sich in der
Verzweiflung. Ödipus stach sich selbst die Augen aus und zog, von seiner
Tochter Antigone geleitet, in die Verbannung; mit den Göttern versöhnt,
starb er in einem Flecken bei Athen.
Zwischen seinen Söhnen aber, E t e o k l e s und Polynices, erhob
sich bald ein Bruderstreit. Eteokles verdrängte den Polynices aus der ^e6ttL
Herrschaft; dieser aber fand Hilfe im Ausland, und ein von ihm und sechs
anderen Helden geführtes Heer zog gegen Theben heran. Aber die Stadt
wurde nicht genommen. Nachdem sich die feindlichen Brüder im furchtbaren
Zweikampf gegenseitig getötet hattet, kamen auch die anderen stürmenden
Helden fast alle um. Erst die Sohne der Sieben, unter ihnen des TydeuS
Sohn Diomedes, eroberten ein Menschenalter später die Stadt und
machten des Polynices Sohn zum Herrscher.
Eine andere, von der Sage vielgepriesene gemeinsame Unternehmung «gj
griechischer Helden war der A r g o n a u t e n z u g , der seine Bezeichnung