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achtzig kleinen Orten, Cphefos, Kolophon, tue Inseln Samos (Poly-
krates) und Chios kamen allmählich in die Hände der Ionier Den Doriern
gehörten die Inseln Rhodos und Kos, die Städte Halikarnassos und
Kni dos. Em großer Theil dieser Kolonieen wurde später von den Lydiern und
Per,ern unterjocht, sodass sich die Bewohner zu neuen Auswanderungen genöthigt
sahen. So entstanden Niederlassungen der Milesier auf der Insel Tauris der
Megarer in Thrakien (Byzantium, das spätere Konstantinopel) u. a. Allein auch
schon früher hatten die Griechen in Unter-Italien so viele Pflanzstädte erbaut
dass dieser Theil Italiens davon den Namen ©tofj - Griechenland erhielt
Es waren aber besonders Dorier, welche sich hier ansiedelten. Tarent, Sybaris,
Vokri, Thurii, Kroton, Neapolis, Rhegium wurden in Unter-Italien, Syrakus,
Agrigent, Zankle (Messene, Messina) auf Sicilien angelegt. Sogar im südlichen
Frankreich gründeten die Phokäer die berühmte Handelsstadt Massilia (Marseille).
§. 6. Die Kolonieen und das Mutterland. In Abhängigkeit standen
diese infolge der Auswanderungen gebildeten Staaten von ihrem Mutterlande
nicht. Allein es erhielt sich in den Kolonisten das Gefühl der Verwandtschaft
und große Theilnahme für das Vaterland Jahrhunderte hindurch. In dem Be¬
wusstsein ihrer höheren geistigen Bildung nannten sie alle anderen Völker Bar¬
baren, welcher Name ursprünglich jeden Nicht--@nechen bezeichnet. Die Kultur
der Griechen wurde durch diese bedeutenden Veränderungen zwar zunächst gehemmt,
allein als einigermaßen Ruhe und Ordnung eingetreten war, äußerte sich auch
der vortheilhafteste Einfluss derselben. Vor allem erhielten jetzt Sitte und Sprache
im Peloponnes, wo die Dorier das Übergewicht hatten, und in Kleinasien unter
den Ioniern einen bestimmten Charakter. Das Freiheitsgefühl erwachte, und in
fast allen griechischen Staaten, welche bisher Stammfürsten gehorcht hatten, wurde
die königliche Gewalt abgeschafft. Es traten an die Stelle der Alleinherrschaften
(Monarchieen) jetzt republikanische Verfassungen (1100). Diese nah¬
men zuerst die Gestalt der Aristokratie (Regierung der Besten) an. Als diese
Besten aber übermütig wurden und das Volk drückten, wollte das Volk von
der Herrschaft Weniger (Oligarchie) nichts mehr wissen; es bildeten sich grö¬
ßere Volksgemeinden, welche ein gleiches Anrecht auf die Regierung zu haben
glaubten, und so kam die Regierungsgewalt in die Hände des Volkes (Demo¬
kratie). Wie die Aristokratie in Oligarchie, so artete die Demokratie nicht selten
in Ochlokratie (Pöbelherrschast) aus. Es entstand auch wohl aus der Demokratie
die Tyrannei, d. h. ditz Herrschaft eines Einzelnen, der sich wider die Ver¬
fassung zum Alleinherrscher aufwarf, er mochte gut oder böse regieren.
§• 7- Orakel und Festspiele der Griechen. Trotz der Zerstücke¬
lung Griechenlands in eine Menge kleiner Staaten wurde doch der Nationalsinn
durch gemeinsame Religionsgebräuche, insonderheit durch die Orakel und festlichen
Spiele, aufrecht erhalten. Von diesen beiden Einrichtungen ist schon in Stufe 1.
§. 6. u. 7. gesprochen worden. Wir bemerken hier nur noch, dass zu den olym¬
pischen Spielen die dem Apollo geweihten pythischeu in der Nähe von Delphi,
die dem Poseidon geweihten isthmischen bei Korinth und die zu Ehren des
Zeus bei Nemea in Argolis gefeierten nein cif chen hinzukamen.