Aus dem Menschenleben
81. Versuchung.
1. Gar emsig bei den Büchern
ein Knabe sitzt im Kämmerlein,
da lacht herein durchs Fenster
der lust'ge, blanke Sonnenschein
und spricht: „Lieb Kind, du sitzest hier?
Komm doch heraus und spiel bei mir!" —
Den Knaben stört es nicht,
zum Sonnenschein er spricht:'
„Erst laß mich fertig sein!" —
2. Der Knabe schreibet weiter,
da kommt ein lustig Vögelein,
das picket an die Scheiben
und schaut so schlau zu ihm herein.
Es ruft: „Komm mit! Der Wald ist grün,
der Himmel ist blau, die Blumen blühn!"
Den Knaben stört es nicht,
zum Vogel kurz er spricht:
„Erst laß mich fertig sein!" —
3. Der Knabe schreibt und schreibet,
da guckt der Apfelbaum herein
und rauscht mit seinen Blättern
und spricht: „Wer wird so fleißig sein?
Schau meine Äpfel! Diese Nacht
hab' ich für dich sie reif gemacht!"
Den Knaben stört cs nicht,
zum Apfelbaum er spricht:
„Erst laß mich fertig sein!" —