Mein Vaterland
J. Treue Liebe bis zum Grabe
schwör' ich dir mit Herz und
Hand!
Was ich bin, und was ich habe,
dank' ich dir, mein Vater¬
land.
2. Nicht in Worten nur und
Liedern
ist mein Herz zuin Dank bereit;
mit der Tat will ich's erwidern
dir in Not, in stampf und
Streit.
In der Freude wie im Leide
ruf' ich's Freund und Feinden
zu:
ewig sind vereint wir beide,
und niein Trost, mein Glück
bist du.
4. Treue Liebe bis zun: Grabe
schwör' ich dir mit Herz und
Hand.
Was ich bin, und was ich habe,
bans ich dir, mein Vater¬
land.
Heinrich Hoffmann von Fallersleben.
110. Mein Vaterland
3.
111. Vom Schnee und Schneeglöckchen.
Als der Herr alles erschaffen hatte, Gras und Kräuter und
Blumen, und ihnen die schönsten Farben gegeben, in denen sie
prangen, machte er zuletzt auch den Schnee und sagte zu ihm:
„Die Farbe kannst du dir selbst suchen!" — Der Schnee ging zum
Gras und sagte: „Gib mir deine grüne Farbe!" Er ging zur
Rose und bai um ihr rotes Kleid, dann zum Veilchen und dann
wieder zur Sonnenblume. Denn er war eitel uud wollte einen
schönen Rock haben. Aber Gras und Blumen lachten ihn aus
und schickten ihn seines Weges. Da setzte er sich zum Schneeglöckchell
und sagte betrübt: „Wenn mir niemand eine Farbe gibt, so ergeht es
mir wie dem Winde, der nur darum so bös ist, weil man ihn nicht sieht."
Da erbarmte sich das Blümchen und sprach bescheiden: „Weml dir
mein schlichtes Mäntelchen gefällt, magst du es nehmen." Und der
Schnee nahm es imb ist seitdem weih; aber allen Blumen bleibt
er feind, nur nicht dem Schneeglöckchen. "Oskar Dähnhardt.