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Dritte Periode.
ungspunkt der civklisirten Völker, die Vermittler imd Schiedsrichter
in den Streitigkeiten und gemeinsamen Interessen der europäischen
Staaten. Als aber im Jahre 1305 von Clemens Y. der Sitz
des obersten Pontificates der Christenheit von Rom nach Avignon
in Frankreich verlegt worden war, geriethcn die Papste in Abhängig¬
keit von der Politik der französischen Könige und nicht selten
in große Geldnoth. Sie suchten daher durch Annalen, Reser¬
vationen, Provisionen, erhöhte Kanzleitaren und andere nicht
beliebte Mittel ihr Einkommen zu vermehren, und schwächten
dadurch nicht nur ihrLlnsehen bei den Laien, sondern ekreglen auch
den Unwillen der Geistlichkeit.
In dem Kirchenstaate selbst erhob sich in Abwesenheit des
Oberhauptes der, durch Arnold von Brescia (1143) ange¬
fachte republikanische Geist heftiger, als früherhin. Die wilden
Kampfe des Adels, der Colonna's, Orsini's/Savelli's um die
Herrschaft, der freche Muthwille, die Menschenverachtung und
die schändliche Mißhandlung des Volkes, welche von den vorneh¬
mest Geschlechtern ohne Scham und Scheu verübt wurde, lösten
auch im Kirchenstaate die gesellschaftlichen Verhältnisse fast gänzlich
auf. Da trat Nicolaus Rienzi, vor dessen Seele die alte
Welt, RomS Größe, Pracht und Herrlichkeit schwebte, voll tiefen
Ingrimms und brennender Sehnsucht nach Begründung eines
bessern Zustandes an die Spitze des Volkes (1547), erstürmte
das Capitolium, vertrieb die drückenden Aristokraten und wurde
von dem begeisterten Volke zum Herrn von Rom ausgerufen.
Allein plötzlich ergriff Rienzi die Flucht, wurde aber von Karl IY-
• gefangen genommen und dem Papste ausgeliefert. Nach ihm ver¬
suchte Frances ko Baroncegli das Werk zubehaupten; da
sandte, um diesen zu stören, der päpstliche Hof selbst den Rienzi
zurück, worauf durch diesen Baroncegli, er selbst aber in einem
Aufstande von den Colonna's erschlagen wurde. In dieser äußer¬
sten Verwirrung sandte Clemens YL einige Cardinäle zur Wieder¬
herstellung der Ordnung, die aber bald wieder den frühern Greueln
weichen mußte. Italien seufzte nach der Gegenwart eines Papstes.
Dieß bewog den wohlmeinenden Papst Gregor XI., seinen
Sitz wieder nach Rom zu verlegen (1376). Allein schon machte