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gab er sehr selten. Seine gewöhnliche Mahlzeit bestand nur aus
vier Gerichten, außer dem Braten, den die Jäger an Spießen
auf die Tafel brachten. Das war seine Lieblingsspeise. Während
des Mahles hörte er gern ein Musikstück, gewöhnlich ließ er sich
aus einem Buche von den Thaten der alten Könige vorlesen. Nach
Tische ruhte er zwei Stunden, dagegen unterbrach er den Nacht¬
schlaf vier- bis fünfmal. Und da stand er oft vom Lager auf,
trat ans Fenster und schaute voll Andacht zu den Sternen hinauf,
die am dunklen Himmel glänzten. Beim Ankleiden unterhielt er sich
mit seinen Freunden, oder er ließ auch wohl Geschäftsleute oder
Kläger vor und entschied ihre Händel auf der Stelle. Er sprach viel
und gern und wußte sich über alles sehr klar und gut auszudrücken.
3. Karls geistige Bestrebungen. — Rastlos war er
bemüht, seinen Geist auszubilden. Da er als Knabe nicht schreiben
gelernt hatte, so setzte er sich als Mann noch hin, um die Buchstaben
nachmachen zu lernen; ja er hatte in seinem Bett unter dem Kopfkissen
Tafeln und Blätter liegen, auf welchen er sich nachts, wenn er
aufwachte, im Schreiben übte. Doch seine des Schwertes gewohnte
Hand brachte es darin nie zu großer Fertigkeit. Eifrig las er
fromme Bücher und Heldengeschichten. Seine Muttersprache war ihm
teuer. Die alten deutschen Volks- und Heldenlieder ließ er sammeln.
Doch sprach er auch ganz geläufig lateinisch, und im Griechischen
tonnte er wenigstens ein Buch verstehen. Wie sehr er die Wissen¬
schaften liebte, zeigte er durch die hohe Achtung und Ehre, welche er
gelehrten Männern erwies. Manche derselben zog er an seinen Hof
und verkehrte mit ihnen wie mit Freunden. Sie waren zugleich die
Lehrer seiner Söhne; denn er hielt darauf, daß diese nicht nur alle
ritterlichen Übungen lernten, sondern auch in den Wissenschaften
unterrichtet wurden. Seine Töchter dagegen mußten sich nach guter
alter Sitte mit Wollarbeiten, Spinnen und Weben beschäftigen.
4. Karls Wirken in der Ferne. — Frommen Sinnes,
wie er war, besuchte Karl täglich, früh und nachmittags, die Kirche.
In Aachen baute er einen prachtvollen Dom. Seine Wohlthätigkeit
erstreckte sich nicht allein auf die eigenen Unterthanen, sondern
seine milden Gaben gingen sogar über das Meer, nach Jerusalem