A. 
Epische Poesie. 
Srlig der Dichter; er kann festhalten das zeitliche Dasein, 
Aber verewigen auch alle Gestalten des Raums. 
August Graf v. Platen-Hallermünde. 
A. Rein epische Poesie. 
I. Heroisches (volksthünüichcsj Epos Wäre). 
Ja, ein Zaubrer ist der Dichter, der mit mächt'ger Schöpferkraft, 
Was im Zeitenstrom versunken, wieder auf zum Lichte rafft. 
Denn ihm ist sie nicht gestorben, jene kraftgeschwellte Zeit; 
Mächtig springt aus seinem Geiste alte Lust und altes Leid. 
Heimisch ist er am Jliffos, heimisch an der Tiber Strand, 
Aber stärker lockt daS Herz ihm deine Jugend. Deutsches Land l 
Denn wie stolz und donnertönig hallt der Griechen EhrenvreiS, 
Auch des Mittelalters Stirne schmückt ein frisches Lorbeerreis. 
Gottfried Kinkel. 
1. Aus „Walther und Hildegunde." (1843.) 
Das kleine Heldenbuch. Bon Karl Joseph Simrock. Stuttgart und Augsburg, 1857. 
Das Lateinische Original „Waltharius" eines Benediktinermönchs zu St. Gallen (Gerald 
oder Eckehard) gehört dem 10. Jahrhundert an. 
a. Wie drei edle Kinder bei den Hennen vergeiselt wurden. 
1. Der stolze Heuncnköuig, Herr Etzel, war bedacht, 
Die Welt zu unterwerfen mit seiner Heeresmacht. 
Schon huldigten und zinsten ihm Deutscher Völker viel; 
Das große Reich der Franken, das nahm er jetzo zum Ziel. 
2. Zu Wörmes saß Herr Gibich, der Frankenhönig hehr, 
Da kamen schnelle Boten und brachten üble Mär': 
Die Heunen zögen siegreich einher vom Donauland, 
Unzählbar wie die Sterne und wie am Ufer der Sand. 
3. Das war dem reichen König im Herzen leid genug; 
Da entbot er schnell die Seinen, die er um Rath befrug. 
Sie sprachen einstimmig: „Wir können ihm nicht stehn; 
Laßt uns Geiseln geben und seinen Frieden erflehn. 
4. So wird uns stete Sühne. Wir zahlen mäßigen Zins; 
Wenn wir ihn willig bieten, das bringt uns mehr Gewinns 
Als Leut' und Land verlieren, wohl gar den Tod erschaun 
Mit unsern lieben Kindern und mit den wonnigen Frau'n. 
5. Nun war ein edler Knabe, beherzt und lobesam, 
Hagen geheißen, vom alten Trojerstamm; 
Den dach( er zu vergeiseln; denn Günther lag, sein Sohn, 
Noch an der Mutter Brüsten, er wär dem Tod nicht entfloh». 
6. Da sandt' er König Etzeln an seines Kindes Platz 
Diesen edeln Geisel zugleich mit reichem Schatz 
1* 
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