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Die Etrusker. Der zweite Urstamm war der der Etrus¬
ker, Tyrrhener oder, wie sie sich selber nannten, der Rasena.
Sie unterschieden sich in ihrer äufseren Erscheinung und in
ihrem Charakter von den Italikern. Die regelmäfsigen schönen
Formen des Körperbaues, die ideale Kopfbildung fand man
nicht bei ihnen. Sie waren plump, hatten einen gedrungenen,
stämmigen Körper, einen grofsen Kopf und dicke Arme.
Die Sitten und Gebräuche dieses Volkes waren ebenfalls
eigentümlich, namentlich die religiösen Vorstellungen, die
durchaus finster waren. Die bösen Geister spielten die
Hauptrolle, und ihnen wurden Menschenopfer gebracht. Die
Etrusker hatten eine Hölle, in welche die Seelen der Ver¬
storbenen durch Schlangen zur Peinigung geschleppt wurden.
Bei den Etruskern war der nüchterne praktische Verstand
vorherrschend; auch die künstlerische Thätigkeit war vor¬
zugsweise auf die technische Vollendung gerichtet; sie sind
die Erfinder des ausgebildeten Gewölbebaues*).
Die Japyger. Von ihrer Sprache sind ziemlich viele
Überreste vorhanden, die bisher nicht enträtselt sind; sie
zeigt wesentliche Verschiedenheiten von allen italischen Mund¬
arten.
Die Gelten oder Gallier. Den Norden von Italien nahmen
die prachtliebenden, prahlerischen, beweglichen und zu aben¬
teuerlichen Zügen geneigten Gelten oder Gallier ein. Sie setzten
den Italikern den hartnäckigsten Widerstand entgegen und
wollten mit ihnen nicht zu einer Nation verschmelzen. Die
hauptsächlichsten in Italien ansässigen Stämme waren die In-
subrer, Cenomanen, Boier und Senonen.
Die Griechen. Die Italiker waren ein Ackerbau und Vieh¬
zucht treibendes Volk, für Seefahrt und Handel hatten sie
weniger Sinn. In höherem Mafse neigten dazu die beweg¬
lichen Griechen. Sie besetzten, um Handelsniederlassungen
zu gewinnen, die Küsten des unteren Italiens, welches des¬
wegen Grofsgriechenland genannt wurde; die bedeutendste
Handelsstadt in Grofsgriechenland war Tarent.
*) W. Corssen erklärt die Etrusker in seinem Werke „über die
Sprache der Etrusker“ (1874) für Italiker.