Full text: [Band 6 = Klasse 4, 7. Schuljahr, [Schülerband]] (Band 6 = Klasse 4, 7. Schuljahr, [Schülerband])

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soll sich dazu verstanden haben, nach drei Tagen umzukehren, wenn 
bis dahin das gesuchte Land noch nicht ausgefunden sei. Die Zeug¬ 
nisse Peter Martyrs und des Kolumbus selbst sprechen gleichfalls 
recht deutlich von der schwierigen Haltung der Matrosen. „Die 
spanischen Begleiter," erzählt Martyr, „fingen erst heimlich an zu 
murren und traten dann offen zusammen. Sie drohten, ihren Führer 
ins Meer zu werfen; sie seien von dem lignrischen Menschen betrogen 
und ins Verderben gebracht." Diese Angaben über die bedenkliche 
Stimmung unter dem Schiffsvolke bestätigt Kolumbus in seinem Tage¬ 
buch, wenn er am 14. Februar 1493, also auf dem Heimwege, 
berichtet, daß er schon auf der Hinfahrt viel von den Leuten zu 
leiden gehabt, weil alle einstimmig erklärt hätten, umkehren zu wollen, 
und daß sie sich zu Drohungen gegen ihn hätten hinreißen lassen. 
Vom 7. Oktober an beschloß Kolumbus, einen südwestlichen Kurs bei¬ 
zubehalten. Er wurde dazu durch den Flug zahlreicher Vögel ver¬ 
anlaßt, welche nach dieser Richtung zogen; denn er wußte, daß die 
Portugiesen der Beobachtung des Fluges der Vögel die Entdeckung 
mancher Inseln verdankten. Auch am 10. Oktober beklagten sich seine 
Leute wieder über die lange Dauer der Reise, aber der Admiral 
belebte ihre Hoffnung auf reichen Gewinn, der in sicherer Aussicht 
stehe. Übrigens fügte er hinzu, ihre Klagen nützten nicht, da er unter- 
allen Umstünden mit Gottes Hilfe seinen Weg fortsetzen werde, bis 
er Indien erreicht habe. 
So hätte er nicht sprechen können, wenn es wirklich zu einem 
Vertrage gekommen wäre, der ihn verpflichtet hätte, nach drei Tagen 
umzukehren. 
Kolumbus war zu fest überzeugt, dem Ziel seiner Wünsche nahe 
zu sein. Ohne Schwankung war er in den ersten Wochen westwärts 
gesteuert und wich nur in den letzten Tagen mit bewußter Absicht 
von dieser Richtung ab. 
Sie waren bereits mehr als 750 Meilen von den Kanarien ent¬ 
fernt. Das Schiffsvolk spähte immer eifriger nach Land aus, denn 
dem Glücklichen, welcher zuerst dasselbe erblicken sollte, waren reiche 
Geschenke und eine jährliche Pension von 10000 Maravedis (etwa 
250 Mark) verheißen. Da infolgedessen zu wiederholten Malen der 
Ruf: Land! erscholl, ohne daß die daran geknüpfte Erwartung sich 
erfüllte, so wurde bestimmt, daß derjenige, welcher die Gemüter auf 
solche Weise vergeblich in Aufregung versetzte, in Zukunft keinen An¬ 
spruch auf die ausgesetzte Belohnung haben sollte. 
Aber trotzdem blieben aller Augen mit gespannter Aufmerksam- 
keit auf den fernen Horizont im Westen gerichtet, zumal sich die echten 
Anzeichen von Land zu mehren schienen. Am Morgen des 7. Oktober 
gab die Nina, welche vorausgesegelt war, durch einen Kanonenschuß
	        
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