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einem Bauernwagen mit dem einen Ende auf eine Decimal-
wage, mit dem andern auf einen verendeten französischen
Grauschimmel gelegt hatte. Ganz in der Nähe warf eine in
Flammen stehende Wollspinnerei ihr unheimliches Licht auf
seine nächste Umgebung, in der sich Prinz Karl, der Gro߬
herzog von Weimar, der Erbgroßherzog von Mecklenburg,
Graf Bismarck, v. Roon und Graf Dönhoff befanden. Tiefes
Schweigen herrschte, während jeder mit dem König fühlte,
daß das auf dem Höbenpunkte tobende Schlachtgetümmel die
Entscheidung bringen mußte. Da sprengt Moltke im gestreck-
ten Laufe seines Pferdes heran mit den Worten: „Majestät,
wir haben gesiegt, der Feind ist aus allen Positionen ge¬
worfen!" Ein kräftiges Hurrah der Umstehenden war die
Antwort. Jetzt gedachte man auch der Erquickung. Ein in
der Nähe haltender Marketenderwagen mußte das Nöthigste
liefern. Der König trank aus einem abgebrochenen Tulpen-
glase, Bismarck kaute vergnügt an einem großen Stück
Commisbrod. Mit Mühe wurden für den König einige
Cotelettes und später ein Nachtlager beschafft. Bismarck
zerschlug einige Eier am Degenknopf und machte sich dann
auf, ein Unterkommen für die Nacht zu suchen.
So war es denn der unübertrefflichen Tapferkeit der
deutschen Truppen gelungen, den Feind aus .allen seinen
Linien zu werfen. Abends gegen ' .9 Uhr bei völliger
Dunkelheit endete die Schlacht. Im Laufe der Nacht zogen
sich die geworfenen feindlichen Truppen in das verschanzte
Lager von Metz zurück. Die gesammte französische Haupt-
armee war engagirt, selbst die anfänglich zu See-Erpeditionen
bestimmten Truppen, mit Ausnahme der bei Metz nicht
befindlichen Abtheilungen Mac Mahons und des größeren
Theiles des Corps Failly.
Es war ein Riesenkampf; 270,000 Deutsche hatten
gegen 220,000 Franzosen gefochten, deren Macht durch ihre
Positionen mehr als verdoppelt war. Preußen, Sachsen und
Hessen hatten in treuer Waffenbrüderschaft zusammen ge¬
fochten und einen blutigen, in der Kriegsgeschichte einzig
dastehenden Sieg errungen. Einstimmig ist das Urtheil, daß
sich sämmtliche Commandeure durch musterhafte Führung und
alle Truppen durch außerordentliche Tapferkeit und Ausdauer