Full text: [Teil 3 (6., 7. & 8. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 3 (6., 7. & 8. Schuljahr), [Schülerband])

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Rudolf von Habsburg. 
(i273 1291.) 
Um die Mitte des 13. Jahrhunderts war die deutsche 
Kaiserkrone so im Ansehen gesunken, daß kein einheimischer Fürst 
sie noch zu lragen begehrte. So kam es, daß Deutschland fast 
20 Jahre ohne Regierung war. Diese Zeit war eine der trau— 
rigsien in der Geschichte unseres Vaterlandes und wird mit 
Recht nicht nur die „kaiserlose“, sondern auch die „schreck— 
liche“ genannt. Fürsten, Stände umd Städte bekriegten einander 
in unaufhörlichen Kämpfen; Mord wurde auf offener Straße 
verübt; vorüberziehende Wanderer wurden beraubt, blühende 
Städte, und Dörfer von Raubrittern und ihren wilden Horden 
überfallen, ausgeplündert und eingeäschert. Kein Gesetz wurde 
geachtet; weder Leben, noch Eigentum war sicher. Es herrschte 
ur noch die Faust, die rohe Gewalt. Bei der Fortdauer solch 
heilloser Zustände mußte das Reich zu Grunde gehen, und Fürsten 
uͤnd Volk niefen deshalb laut nach einem gerechten und that⸗ 
kräftigen Kaiser. 
Da aten endlich im Jahre 1273 die Fürsten zur Kaiser⸗ 
wahl in Frankfurt zusammen und wählten nach längeren Ver— 
handlungen fast einstimmig den Grafen Rudolf von Habsburg. 
Sein Slammschloß, die Habsburg, eigentlich Habichlsburg, lag 
an der Aar in der Schweiz. Der Erwählte, damals 55 Jahre 
alt, war allgemein bekannt wegen seines ritterlichen Mutes und 
seiner Tapferkeit, sowie durch seine Frömmigkeit, von welcher seine 
Zeigenosfen manchen rührenden Zug erzaählten. Sobald Rudolf 
die Nachricht von seiner Wahl erhalten hatte, begab er sich nach 
Aachen, wo unter lautem Jubel des Volks seine Krönung erfolgte. 
Nach derselben sollte in der Kirche die feierliche Belehnung der 
Fürsten stattfinden. Als der Kong schon am Altare stand, zeigte 
sich es, daß das Zepter fehlte. Schnell ergriff Rudolf ein Kruzifirx 
und sprach: „Dieses Zeichen, durch welches die Welt erlöst ist, kann 
wohl anstatt des Zeplers dienen.“ Das gefiel allen wohl; über— 
haupt erfullte die ganze Erscheinung Rudolfs alle mit der frohen 
Zuversicht, daß nun wieder Ruhe und Eintracht in das zerrissene 
Reich zurückkehren würden. Um seine ganze Kraft dem Wohle 
Deuischlands widmen zu können, vermied er die Kämpfe in Italien 
und begab sich auch nicht zur Kaiserkrönung nach Rom. Nach der 
Krönung in Aachen zog Rudolf rheinaufwärts von Stadt zu 
Sladi durch Franken und Schwaben, und man huldigte ihm überall 
mit größter Begeisterung. Nur König Ottokar, Herr von Böhmen 
Und Mahren, verweigerke ihm beharrlich die Anerkennung. Dieser 
halle wahlend der Zei des Faustrechts noch die österreichischen 
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