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19. Das Lämmchen.
1. Ein junges Lämmchen, weiß wie Schnee, ging einst
mit auf die Weide. Mutwillig sprang es in den Klee mit
ausgelass'ner Freude.
2. Hopp! hopp! gings's über Stock und Stein mit
unvorsicht'gen Sprüngen. Kind! — rief die Mutter, —
Kind, halt ein, es möchte dir mißlingen!
3. Allein das Lämmchen hüpfte fort bergauf, bergab mit
Freuden. Doch endlich mußl's am Hügel dort für seinen
Leichtsinn leiden.
4. Am Hügel lag ein großer Stein, den wollt' es über—
springen. Es springt und fällt und — bricht ein Bein; aus
war nun Lust und Springen.
5. Ihr lieben, muntern Kinder, schreibt dies recht in
eure Herzen: „Die Freuden, die man übertreibt,
verwandeln sich in Schmerzen.“
20. Frühlingsruf.
Ein Vogel, ein Vogel! o hört, wie er singt,
wie hell durch den Garten sein Stimmlein erklingt!
Er ruft: „Ihr Kinder! ihr Lämmer! heraus!
ihr Kinder zum Spielen, ihr Lämmer zum Schmaus!“
Und alles auf Erden und hoch in der Luft
das lacht und erfreut sich an Blüten und Duft.
Was Flossen hat, schwimmt, was Beine hat, springt!
Was Flügel hat, fliegt, und wer singen kann, singt!