Full text: Geschichte des preußischen Vaterlandes

Preußen fällt an den brandenburgischen Kurstaat. 117 
Brandenburg über, welcher sich nun dem Ziele seines Hauses, das schon längst 
auf die gänzliche Erwerbung Preußens gerichtet war, einen bedeutenden 
Schritt näher sah. Der schwachsinnige Herzog Albrecht Friedrich hatte mit 
Eleonore Don Eleve keine Söhne, sondern nur Töchter: um nun die branden¬ 
burgischen Ansprüche auf die Erbschaft noch mehr zu sichern , hatte Joachim 
Friedrich bereits seinen Kurprinzen Johann Sigismund mit einer Tochter 
des Herzogs vermählt. 
Preußen fällt an den brandenburgischen Kurstaat (1618). Jo¬ 
hann Sigismund war ebeu auf einer Reise nach Königsberg begriffen, als 
er die Nachricht von seines Vaters Tode erhielt. Es mußte ihm nun vor 
Allem daran liegen, die Vormundschaft über den blödsinnigen Herzog von 
Preußen auch seinerseits wieder zu erhalten, und trotz aller Gegenbestrebungen 
des Adels gelangte er durch große Kraft und Umsicht zum Ziel. Im Jahre 
1611 wurde er für sich, seine Brüder und männlichen Erben mit Preußen 
belehnt, und trotz alles Widerstrebens mußte ihm im folgenden Iahn die 
preußische Ritterschaft den Huldigungseid leisten. Einige Jahre darauf (1618) 
starb der unglückliche Herzog Albrecht Friedrich, und seitdem blieb Preu¬ 
ßen jeder Zeit mit den brandenburgischen Staaten vereint. 
Johann Sigismund's Uebertritt vom lutherischen zum reformirten 
Bekenntniß. Zu derselben Zeit, wo durch deu Anfall Preußens an den 
Kurstaat dessen Ausdehnung im Osten eine so beträchtliche Erweiterung er¬ 
hielt, sollte, wie wir alsbald näher sehen werden, durch die jülichsche Erb¬ 
schaft auch der Kern und Mittelpunkt für die späteren Erwerbungen im west¬ 
lichen Deutschland gewonnen werden. Die Aussicht auf die Erwerbung dieser 
Lande, deren protestantische Bewohner der calvinistisch-resormirten Eonfession 
angehörten, soll mit dazu beigetragen haben, den Kurfürsten Sigismund zum 
Uebertritt von der lutherischen zur reformirten Kirche zu 
bestimmen. 
Bald nach dem Beginn der Reformation war zwischen den Anhängern 
Luther's und denen des Zwingli und Calvin nicht nur vielfacher Glaubens¬ 
streit, sondern leider ein so tiefer Glaubenshaß entstanden, wie er selbst 
zwischen Protestanten, und Katholiken nicht ärger vorhanden war; in Ländern, 
deren Fürsten dem lutherischen Glauben angehörten, wurden meistens die 
Reformirten nicht besser behandelt, als die Römisch-Katholischen. Auch in 
den Marken, wie in Preußen und Schlesien, waren sie bisher von allen 
Aemtern ausgeschlossen, zum Theil sogar aus dem Lande verbannt worden. 
Die Fürsten mußten schon bei der Thronbesteigung ihren Ständen gegenüber 
geradezu die Verpflichtung eingehen, in Religionssachen Nichts ändern, son¬ 
dern bei dem lutherischen Glauben und bei der unveränderten augsburgischen 
Eonfession verbleiben zu wollen. 
Allmälig aber gewann dennoch der reformirte Glaube, besonders die 
calvinistische Abeudmahlslehre, in den höheren Klassen Eingang, und selbst 
mehrere, dem Kurfürsten nahe verwandte Prinzen, wie sein Bruder, der 
Markgraf von Jägerndorf, waren offen zum reformirten Bekenntniß über¬ 
getreten. Johann Sigismund selbst hatte bei einem der eifrigsten Lutheraner, 
dem Hofprediger Gedicke in Berlin, den Religionsunterricht erhalten, später 
aber war er mit vielen reformirten Fürsten in nähere Berührung gekommen
	        
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