120 Die Wich. clevesche Erbschaft; Widerstreben der Katholiken in Jülich.
Jülich und Berg, zugleich Herrn von Ravensberg, gehörig. Im fünf,
zehnten Jahrhundert war zwischen beiden fürstlichen Häusern eine Erbverbrü-
dernng abgeschlossen worden, demzufolge sodann Herzog Johann von Cleve
als Gemahl der Maria von Jülich, beide Fürstenthümer vereinigte (15211
Sein Sohn Wilhelm vermählte sich mit Maria, der Tochter Kaiser Ferdi¬
nands I., und es wurde ihm das Privilegium ertheilt, daß in Ermangelung
von Söhnen seine ganze Herrschaft uugetreuut auf die Töchter übergehen
sollte (1559). Herzog Wilhelm hinterließ nur einen schwachsinnigen Sohn,
Johann Wilhelm, und es wurde daher schon jetzt wahrscheinlich, daß das
Land der ältesten seiner vier Töchter, Maria, zufallen würde, welche mit
dem Herzog Albrecht Friedrich von Preußen vermählt war. Ihr wurde
überdies bei ihrer Verheirathuug die Nachfolge in den jülich-clevescheu Län¬
dern ausdrücklich zugesichert und die jüngeren Schwestern verzichteten auf alle
Erbansprüche, außer für den Fall, daß Maria ohne Leibeserben sterben sollte.
Die Herzogin von Preußen hatte jedoch mit Albrecht Friedrich mehrere Töch¬
ter, deren älteste Anna den Johann Sigismund von Brandenburg heira-
thete. Anna's L>ohn, Georg Wilhelm von Brandenburg, mußte mithin
im Falle der Kinderlosigkeit des Herzogs Johann Wilhelm von Jülich als
der Erbe der ältesten Schwester desselben die Nachfolge in jenen Ländern
erhalten.
Johann Wilhelm von Jülich war zu stumpfsinnig, als daß er jemals
hätte der Regierung vorstehen können, nichtsdestoweniger wußten seine Räthe,
damit das Land nicht einem lutherischen Fürsten zufiele, vom Kaiser zu er¬
langen, daß er die Herrschaft autreten durfte, auch wurde er mit der Herzogin
Jakobe von Baden, welcher man seinen Zustand weislich verschwiegen hatte,
verlobt und bald darans vermählt. Der Blödsinn des Herzogs ging allmälig
in völligen Wahnsinn über: er glaubte, man trachte ihm nach dem Leben,
stand deshalb oft mitten in der Nacht auf, warf sich in den Harnisch, ging
mit gezücktem Schwert in den nächsten Zimmern umher und stürmte mit der
Mordwaffe auf Jedeu ein, der ihm etwa in den Weg kam. Zuletzt mußte er
in Gewahrsam gehalten werden.
Widerstreben der Katholiken. Während dieses Zustandes des Landes-
fürsten bildeten sich am Hofe Parteien, die sich der Regierung zu bemächtigen
suchten *, besonders trat die eisrige katholische Partei hervor, welche um jeden
Preis verhindern wollte, daß das Land an das protestantische Haus der
Hohenzollern käme. Da jedoch Johann Wilhelm ungeachtet seiner Verheira-
thung mit Jakobe von Baden und (nach deren gewaltsamem Tode) mit einer
lothringischen Prinzessin keine Kinder hatte, so stand der Anfall des Landes
an Brandenburg augenscheinlich bevor: die katholischen Räthe aber veranla߬
ten den Kaiser, vorläufig einen Statthalter über das Land zu setzen.
Das österreichische Hans war gern bereit, die Hand dazu zu bieten, daß
den brandenburgischen Kurfürsten der gehoffte Zuwachs an Ländern vereitelt
wurde; denn die wachsende Macht derselben hatte bereits die Besorgniß aller
katholischen Fürsten und besonders der österreichischen erregt. In kurzer Zeit
waren die Hohenzollern in den Besitz der fränkischen Fürstenthümer Anspach
und Baireuth, des Herzogthums Jägerndorf und besonders der ausgedehnten
ostpreußischen Lande gekommen. Wenn nun noch die ganze rheinische Herr-