202 Friedrich's Streben nach der Königskrone; der Kronvertrag.
Den nun bei vielen Begegnungen sehr unwillig den Vorrang fremder Könige.
Friedrich III. war dem Fürsten Wilhem von Oranien zur Erlangung des
englischen Königsthrons vorzugsweise behilflich gewesen, und doch mußte er
die Verletzung erfahren, daß bei einer Zukammenkunft im Haage der König
Wilhelm ihm keinen Armsessel anbot, weil ein solcher nur Königen gebührte.
Die Conferenz wäre an diesem kleinlichen Umstande gescheitert, wenn man
nicht zuletzt darauf gekommen wäre, dieselbe stehend abzuhalten. Bei den
Friedensverhandlungen zu Ryswick fand sich der Kurfürst auf ähnliche Weise
beleidigt, weil die Gesandten von Venedig den Vorrang 'vor dem seinigen
erhielten; die Holländer gaben ihm zu verstehen, er brauche ja nur den Kö¬
nigstitel anzunehmen, da würde er Venedig nicht nachstehen. Solche Erfah¬
rungen regten natürlich den Ehrgeiz Friedrich's immer mehr an, die Königs¬
krone zu erwerben. Er schwelgte in dem Gefühle der Größe, welche fein
Vater begründet, daß er viermal so viel Länder besitze, als zu einem Kur-
firrstenthnm gehören, eine Kriegsmacht aufstellen könne, die ihn Königen
gleich mache, aber er wollte nun auch, daß das äußerlich anerkannt werde.
Mit Bestimmtheit trat dieser Gedanke bei Friedrich im Jahre 1693
hervor, wo er sich wieder über eine Mißachtung der kaiserlichen Gesandten
beschweren zu müssen meinte; er beauftragte seinen Gesandten in Wien des¬
halb, Anträge wegen der Königskrone bei dem kaiserlichen Hose zu stellen;
doch konnte er zuerst nur allgemeine Versprechen erlangen. Als aber der
Kurfürst von Sachsen zum König von Polen erhoben wurde und der Kur¬
fürst von'Hannover Aussicht erhielt, den englischen Thron zu besteigen, da er¬
wachte in Friedrich mit neuer Kraft der lang gehegte Wunsch. Der Kaiser bedurfte
gerade damals in dem bevorstehenden spanischen Erbfolgekriege feiner Unter¬
stützung und es war daher von demselben eine größere Willfährigkeit zu er¬
warten. England, Holland und Frankreich hatten so eben einen für Oester¬
reich höchst nachtheiligen Vertrag in Betreff der spanischen Erbschaft abge¬
schlossen: da erbot sich der Kurfürst, mit Oesterreich gemeinsame Sache zu
machen, um den Preis der Anerkennung der königlichen Würde. Je näher
nun das Ende des Königs Karl II. von Spanien und damit der Streit um
seine Erbschaft rückte, desto mehr mußte der Kaiser geneigt werden, jener
einzigen Bedingung des Kurfürsten zu willfahren.
Am 16. November 1700 wurde zu Wien der sogenannte Kronvertrag
abgeschlossen, durch welchen sich Friedrich III. zu der engsten Verbindung
mit Oesterreich für den Krieg, sowie für die Reichsangelegenheiten verpflich¬
tete, wogegen bet Kaiser ihn als König in Preußen anerkannte. Die beson¬
deren Bestimmungen sind: der Kurfürst verspricht auf die Hülfsgelder, die
ihm der Kaiser aus den früheren Feldzügen noch schuldig ist, zu verzichten,
unb gleichwohl in bem bevorstehenben Kriege wegen ber spanischen Erbschaft
10,000 Mann Hülfstruppen zu fcnben, bei jeber Kaiserwahl bem habsburgisch-
österreichischen Hause seine Stimme zu geben, in allen Reichsangelegenheiten
dem Kaiser nicht zuwider zu sein und aus seiner neuen Würbe für feine Stel¬
lung als beutfchcr Reichsfürst keine neuen Ansprüche herzuleiten. In Bezug
auf bie Erhebung bes Kurfürsten zum König sagt bie Urkunbe:
„Da ber Kurfürst dem Kaiser vorstellen lassen, baß er aus verschobenen
Grünben bie Absicht habe, seinem Hause ben königlichen Titel zu erwerben,