218 Friedrich Wilhelm's militärischer Sinn; seine unumschränkte Herrschaft.
Uniform an, setzte sich zu Pferde, begab sich zu den auf dem Schloßplätze ste¬
henden Truppen und commandirte sie selbst zu einer dreimaligen Salve. Seit¬
dem hat er den Soldatenrock nicht mehr ausgezogen, außer bei feierlichen Gele¬
genheiten, wo er im Königsornate erscheinen mußte. Es war damit der Sinn
bezeichnet, in welchem er seine Ausgabe als König von Preußen auffaßte; er
setzte die Macht eines brandenburgischeu Fürsten vorzüglich in die Anzahl
von Truppen, die er halten könne. Er hatte den Ministern seines Vaters oft
vorgeworfen, daß sie mit der Feder Etwas von den europäischen Staaten zu
gewinnen meinten, was doch nur mit dem Schwerte möglich sei; er war über¬
zeugt, daß er in Europa nur so viel Geltung haben werde, als das Heer, das
er ins Feld stellen könne, ihm verschaffe. Seine Lander zählten kaum dritte¬
halb Millionen Einwohner und hingen nicht einmal in sich zusammen; was
konnten sie neben dem französischen Reiche, das von den Pyrenäen bis an den
Oberrhein, vom Mittelmeere bis an den Ocean reichte, was neben dem un¬
ermeßlichen Rußland, neben dem unerschöpflichen Oesterreich und neben Eng¬
land, welches die See beherrschte, bedeuten, wenn nicht eine schlagfertige
Kriegsmacht Preußen jenen Staaten ebenbürtig machte! Frankreich hatte da¬
mals eine Landmacht von 160,000, Rußland 130,000, Oesterreich zählte an
100,000 Manu, Preußens Truppeuzahl war nur erst 48,000 Manu stark,
nicht höher als die von Sardinien, Polen und ähnlichen Staaten. Wenn unser
Vaterland eine Rolle unter den ersten Staaten Europa's erhalten sollte, so
mußte seine Heeresmacht der der übrigen Länder mehr gleichgestellt werden.
Auf zweierlei war daher von Anfang an und während der ganzen Re¬
gierung sein Bestreben gerichtet: auf Soldaten und auf Geld. Ein tüch¬
tiges und wohlgeübtes Heer zu schaffen und zugleich die Verwaltung so ein¬
zurichten, daß die Mittel für den Unterhalt des Heeres ohne Ueberbürdung
des Volkes gewonnen würden, das hatte er sich zur Aufgabe gestellt, und diese
Lebensaufgabe hat er mit glücklichem Erfolge gelöst.
Gleich nach seiner Thronbesteigung äußerte er in einem Schreiben:
„Saget dem Fürsten von Anhalt, daß ich selbst der Finanzmimster und der
Feldmarschall des Königs von Preußen bin; das wird den König von Preußen
aufrecht erhalten." Damit wollte er ansdrücken, daß seine eigene arbeitsame
Thätigkeit ans das Heer und auf die Finanzen gerichtet sein sollte; in der
That hat er es an selbstständigem kräftigem Eingreifen nicht fehlen lassen.
Friedrich Wilhelm hatte von seiner Macht als unumschränkter Herr einen
höheren Begriff als irgend ein preußischer Fürst; das lag so in seiner heftigen,
rücksichtslosen Weise und auch in der religiösen Anschauung von seinem ihm von
Gott verliehenen Amte. Er verlangte von allen seinen Dienern und Untertha¬
nen, vom Niedrigsten bis zum Höchsten, unbedingten Gehorsam, augenblicklich
und ohne Widerrede; er hört wohl Rath an von denen, die er dazu berufen
hat, aber es bleibt ihm dabei immer gegenwärtig, „ich bin doch König und
Herr und kann machen, was ich will." Nur Gott ist er von seinem Handeln
Rechenschaft schuldig und dieses Bewußtsein erfüllt ihn ganz: von den Men¬
schen fordert er unumwundene Anerkennung seiner Machtvollkommenheit, und
wehe dem, der sich seinen Anordnungen nicht fügt. „Raifonnir' er nicht," ist
seine Antwort auf unberufene Einrede, und oft ertheilt er in leidenschaftlicher
Erregung mit Stockschlägen noch handgreiflicheren Bescheid. Sein Federstrich