Die wendischen Götter. 3
deren Völkern slavischen Stammes weiter nach Westen bis an die Saale und
Elbe gedrängt. Bald war das ganze Gebiet der Elbe, Oder, Weichsel, sowie
das östliche Land weithin von Slaven eingenommen. An der Mittelelbe, von
der Saale bis zur Havel hin, wohnten die Sorben, in der jetzigen Nieder-
Lausitz die Lusizer; weiter nordöstlich an den Odermündungen die Leutizen,
im jetzigen Mecklenburg die Obotriten; am Sndetengebirge aber bis hin zu
den Karpathen die Belochrobaten oder weißen Chrobaten, welche das alte
Krakau zum Hauptsitz hatten; am rechten Weichselufer die Masuren, am
linken die Polen mit dem Hauptort Guesen; zwischen den Mündungen der
Weichsel und der Oder die Pommern, jenseits der Weichselmündung bis zum
Niemen die Prus sen oder Preußen, ein Mischvolk aus slavischeu, deutschen
und lettischen Stämmen. Diejenigen unter diesen Völkern, welche von der
Lausitz bis zur unteren Elbe, in der heutigen Mark Brandenburg und längs der
Ostseeküste in Mecklenburg, Pommern und Preußen wohnten, die Sorben, Lu¬
sizer, Leutizen und Obotriten, wurden auch unter dem gemeinsamen Namen
Wenden befaßt und so werden auch wir sie meistens kurzweg bezeichnen. Alle
diese slavischen Stämme waren von starkem, gedrungenem, nicht sehr großem
Körperbau, mit braungelber Haut, feurigem, duuklem Blick und braunem Haar.
Die wendischen Götter. Die Wenden waren so wenig, wie die Deut¬
schen, an deren Stelle sie traten, zum Christenthum bekehrt, sondern noch in
heidnischem Wahn befangen; sie glaubten, wie die übrigen Slaven, an einen
höchsten Gott, den Schöpfer und Geber alles Guten, den weißen Gott,
Belbog, Herrn aller übrigen Götter, welchen er die Leitung des Irdischen
im Einzelnen überließ; ihm gegenüber Zeruebog, der schwarze Gott, der
Schöpfer des Bösen in der Welt, wiederum mit seinen Untergöttern. Jener,
der gute Gott, war der Herr des Lichts, Zeruebog dagegen der Gott der Fin¬
sterniß, vor welchem, als dem Quell alles Unheils, man sich mit Furcht und
Zittern beugte. Die Untergötter wurden bei den einzelnen Völkerschaften unter
verschiedenen Namen verehrt; als die bedeutendsten unter ihnen kennen wir
den Gott des Donners P erun oder Perknns, und den Gott des Glücks
und der Fruchtbarkeit, Swautewit, ferner Wodan, welcher in Walhalla
thront und dort den int Kampfe Erschlagenen den Lohn ihrer Tapferkeit er¬
theilt, den dreiköpfigen Gott Triglaw und den guten ^ott Radegast, wel¬
chem in Rhetra (in Mecklenburg) ein großer Tempel gewidmet war, das
größte Heiligthum der Obotriten. Dort feierten sie im Frieden große Feste,
dort holten sie bei Kriegszügen die Feldzeichen ab, nach den Schlachten aber
brachten sie auf Radegast's Altären eine Anzahl Kriegsgefangener als Opfer
dar. Alle diese Götter wurden in rohen, unförmlichen Bildern dargestellt und
ihre Verehrung geschah theils in heiligen Hainen, theils in Tempeln, mit
Schnitzwerk und bunten Farben verziert, soweit es die geringe Kunstfertigkeit
der Wenden zuließ. Die Erstlingsfrüchte von Acker und Vieh, sowie ein Theil
der Kriegsbeute wurden den Göttern dargebracht, fremde Kaufleute und beson¬
ders Seefahrer mußten ihnen Zoll entrichten, und für die Orakel, welche die
Priester in ihrem Namen ertheilten, wurden reiche Geschenke gespendet. Die
Priester standen in hohem Ansehen; sie wurden als Weise und Seher betracht
tet, ihre Bildung war jedoch nicht viel größer, als die des übrigen Volkes,
die Schriftsprache selbst war ihnen völlia unbekannt.
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