Full text: Geschichte des preußischen Vaterlandes

Norddeutsches Parlament. 583 
deutschen Staaten an, für die letzteren den angemessenen Ausdruck zu finden. 
In dem Aufrufe an das Volk beim Beginne des Krieges hatte der König 
sodann verkündet: „Verleiht uns Gott den Sieg, dann werden wir auch 
stark genug sein, das lose Band, welches die deutschen Lande mehr dem Na¬ 
men als der That nach zusammenhielt, in anderer Gestalt fester und heilvoller 
zu erneuen." 
Dieses Gelöbniß zu erfüllen, auf den Trümmern des alten machtlosen 
Bundes einen neuen kräftigen Bau für Deutschlands Macht und Größe zu 
errichten, darauf war unmittelbar noch dem glücklichen Ausgange des Krieges 
das eifrigste Bemühen des Königs nnd seines Ministers, des Grafen Bis¬ 
marck, gerichtet. Schon im August 1866 erließ die preußische Regierung 
eine Aufforderung an sämmtliche Staaten Norddeutschlands, um dieselben 
zum Abschlüsse eines Schutz- und Trutz-Bündnisses zur Erhaltung der Un¬ 
abhängigkeit, sowie der inneren und äußeren Sicherheit ihrer Staaten zu be¬ 
stimmen. Die Zwecke des Bündnisses sollten endgültig durch eine Bunde s- 
verfassung auf der Grundlage der von Preußen schon früher in der 
Bundesversammlung gemachten Vorschläge unter Mitwirkung eines 
gemeinschaftlich zu berufenden Parlaments festgestellt werden. Be¬ 
vollmächtigte aller verbündeten Staaten sollten in Berlin den Entwurf einer 
Bundesverfassung berathen, welcher dem aus allgemeinen Wahlen zu berufen¬ 
den Parlamente zur Berathung vorgelegt werden sollte. — Sämmtliche Regie¬ 
rungen Norddeutschlands traten dem Bündnisse bei. Der preußische Minister- 
Präsident Graf Bismarck widmete fortan seine ganze Kraft der Vollendung 
des ruhmvoll begonnenen Werkes. Die Berathungen mit den einzelnen Re¬ 
gierungen Behufs Feststellung des Verfassungsentwurfes wurden im December 
1866 begonnen; Dank der patriotischen Bereitwilligkeit aller Regierungen 
führten dieselben rasch zu einer erwünschten Verständigung, so daß schon am 
9. Februar der Entwurf vou allen 22 verbündeten Regierungen genehmigt 
wurde. Am 12. Februar fanden sodann die Wahlen zum Reichstage auf 
Grund des allgemeinen, für alle Stände und Klassen gleichmäßigen Wahl¬ 
rechtes statt. Das Ergebniß derselben bekundete, daß das preußische Volk die 
Bedeutung der großen Aufgaben des Norddeutschen Reichstages in vollem 
Maße erkannt hatte und der Regierung bei der Durchführung derselben mit 
Vertrauen und mit ganzer Entschiedenheit zur Seite stehen wollte. 
Der Reichstag des Norddeutschen Bundes wurde am 24. 
Februar 1867 im Weißen Saale des Königlichen Schlosses zu Berlin vom 
König Wilhelm eröffnet. Der König war von den Prinzen und den höchsten 
Würdenträgern des Staates, sowie von den Bevollmächtigten aller verbün¬ 
deten Regierungen umgeben. Die Reichsinsignien: das entblößte Reichs# 
schwervt, der Reichsapfel, das Scepter, die Krone und das Reichspanier wur¬ 
den ihm vorangetragen. Er begrüßte die Versammlung vom Throne herab 
mit folgender denkwürdigen Anrede: 
„Es ist ein erhebender Augenblick, in welchem ich in Ihre Mitte trete: 
mächtige Ereignisse haben ihn herbeigeführt, große Hoffnungen knüpfen sich 
an denselben. Daß es mir vergönnt ist, in Gemeinschaft mit einer Versamm¬ 
lung, wie sie seit Jahrhunderten keinen deutschen Fürsten umgeben hat, diesen 
Hoffnungen Ausdruck zu geben, dafür danke ich der göttlichen Vorsehung,
	        
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