Full text: Reallexikon des classischen Alterthums für Gymnasien

Xenon — Xenopkantos. 
1245 
Tode aber Athen auf einige Zeit verlassen. Nicht 
so talentvoll als Aristoteles, suchte er den Mangel 
schneller Ausfassung durch anhaltenden Fleiß zu 
ersetzen. Seine strenge Sittlichkeit, besonders aber 
seine Rechtlichkeit und Unbestechlichkeit verschafften 
ihm die Achtung aller Athener, obgleich er in 
seinem Aeußereu etwas Mürrisches und Finsteres 
hatte, weshalb ihn Platon erinnert haben soll, 
er möge nicht vergessen, beit Gratien zu opseru: 
&vs ratg XccQLOiv. Von seiner Rechtlichkeit er¬ 
zählen Diog. Laert. 4, 7 ff. Cic. ad Alt. 1, 16, 
4. Val. Max. 2, 10, 2. 4, 3. ext. 3. Cic. tusc. 
5, 32. Flut. Alex. 8. Obwol er kein athenischer 
Bürger war, ging er doch mehrmals in schwierigen 
politischen Lagen als Gesandter zu Philipp von 
Makedonien und zu Antipater im lamischen Kriege, 
und zwar mit gutem Erfolge. Doch wurden ihm 
diese Verdienste mit Undank gelohnt. Diog. Laert. 
4, 14. Flut. Flam. 12. Phoc. 29. Er starb 314 
v. C., 82 Jahre alt. Von seinen zahlreichen 
prosaischen und poetischen Schriften sind nur ein¬ 
zelne Notizen und unbedeutende Fragmente er¬ 
halten. Die Lehre des 1. nennt Cicero wegen 
ihres sittlichen Charakters mit Auszeichnung neben 
der des Platon und Aristoteles. Sie schließt sich 
im Ganzen an die spätere Gestalt der platonischen 
Philosophie eng an, weicht aber durch Aufnahme 
fremder Elemente und durch Vertanfchnng der 
Lehrmethode von derselben so weit ab, daß sie 
Andern als eine Verderbniß der Platon. Lehre 
erschien. Sie wurde durch ihn in die mystisch- 
pythagorisirende Verknüpfung der Jdeenlehre mit 
der Mathematik hineingeführt; die Ideal- und 
arithmetifchen Zahlen vermengte er und stellte 
als Mittelstufe zwischen der reinen Gottheit und 
dem Menschen die als Zahlenbegriffe mit den 
Ideen verwebten Dämonen mit einer gewiffen 
fchöpferifchen Thätigkeit hin. Außerdem führte 
er schon eine strengere Eintheilnng der Philo¬ 
sophie in Logik, Physik und Ethik, und eine 
stärkere Scheidung der Sinneswahrnehmung, der 
Meinung und des Denkens durch. — 3) griech. 
Arzt aus dem letzten Jahrh. v. E. Von seinen 
Schriften hat sich noch ein Fragment tcsqI tt/s 
uno svvdgcöv XQOcprjg erhalten. 
Xenon, Eivwv, 1) Thebanifcher Heerführer im 
peloponnesischen Kriege, im I. 413 mit Nikon 
als Befehlshaber von 300 Schwerbewaffneten nach 
Sicilien geschickt. Thue. 7, 19. — 2) Dichter der 
neueren Komödie. — 3) Tyrann von Hermione 
in Argolis, der auf Antrieb des Aratos seine 
Herrschast niederlegte und dem achaiischen Bunde 
beitrat. — 4) einer der vornehmen Achaier, die 
167 v. C. als Geiseln nach Rom geführt wurden. 
Flut. Arat. 34 f. — 5) ein anderer Achaier, der 
sich in Rom für die Freilassung dieser Geiseln 
verwendete. — 6) Epikureer aus Athen, den Ci¬ 
cero {ad Att. 5, 10, 5. 11, 6. 7, 1, 1. 13, 37, 1. 
14, 16, 4.) ehrenvoll erwähnt. 
Xenopliänes, ^fvocpuvrjg, l) Sohn des De- 
xioz aus Kolophon, dessen mehr als 90jährige 
Lebensdauer ungefähr zwischen 580 und 480 v. C. 
fällt. Früh aus feiner Vaterstadt vertrieben, führte 
er ein Wanderleben in Hellas, Sicilien und be¬ 
fand ers in Unteritalien, wo er an der Gründung 
der Kolonie Elea (Velia) sich betheiligte, in welcher 
er längere Zeit gelebt und gelehrt zu haben scheint. 
Sein langes Leben wendete 3£. hauptsächlich an, 
um den Volksglauben zu bekämpfe» und eine 
reinere Erkenntniß zu verbreiten. Er that dies 
hauptsächlich in Gedichten, welche er nach Art 
der Rhapsoden selbst vortrug, in denen er theils 
die auf Homer und Hesiod beruhenden Vorstel¬ 
lungen zu widerlegen, theils seine eigene Gottes¬ 
lehre darzulegen suchte. In letzterer Beziehung 
ging er seinen eigenen Weg und war entschiedener 
Pantheist. Dabei hat er noch etwas von der 
praktischen Richtung der ihm zunächst voran 
gegangenen sieben Weisen. Dürre Schulweisheit 
war nicht seine Sache, dazu war er zu geistreich, 
zu vielseitig gebildet und weltmännisch. Die Ueber- 
reste seiner Gedichte sind auch in ihrer Form 
merkwürdig, da sie bet allem Anschluß an die 
Sprache des Epos doch in einem sichtlichen Ueber- 
gang zur Prosa begriffen sind. Der Dialekt ist 
der abgeschliffene, mit Dorismen untermengte 
ionische. Er war der Gründer einer eigenen 
philosophischen Schule, bei eleatischen. Sein 
System, hervorgehend aus dem Bedürfniß, zu 
den beränderlichen Erscheinungen das Bleibende 
und Beharrliche zu suchen, führte ihn auf die 
Unmöglichkeit, das Werden als Merkmal des 
Seienden zu denken, denn aus nichts werde nichts. 
Das lmentstandene und unbergäugliche Sein nun 
der Gottheit gleichsetzend, legte er dieser, als dem 
vollkommensten, sich durchaus gleichen und einigen 
Wesen, Intelligenz und eine alles überwältigende 
Thätigkeit bei, zugleich von ihm ausschließend 
die entgegengesetzten Prädicate des Endlichen und 
Unendlichen, Beweglichen und Unbeweglichen. Wie 
sich aber die Mannigfaltigkeit der veränderlichen 
Dinge zu diefer Einheit des göttlichen Seins ver¬ 
halte, darüber finden sich in den Ueberbleibseln 
seines Werkes (tcsqI cpvoscog, gesammelt von 
Karsten 1830, und in Mullachs fragm. pliil. 
G-raec. Bd. I, auch in Schneidewins delectus 
und Bergks poet. lyr. Graec.) mehr skeptische 
Aeußerungen als bestimmte Entwickelungen. Auf 
die Einheit des Göttlichen dringend, sagt er, was 
bei dem Menschen als ein Sehen und ein Horen 
und ein Denken getrennt sei, durchdringe sich bei 
Gott in einer Totalität, und ein Gott walte 
mühelos über alles. Dieser specnlative Hang nach 
einer höchsten Einheit macht den X. aber auch zum 
ausgesprochenen Feinde der homerischen Poesie 
und Mythologie, an welcher er die Vermensch- 
lichuug des Göttlichen und das vielseitige, in die 
menschlichen Leidenschaften gezogene, Handeln der¬ 
selben förmlich haßte. Das Urtheil Eicero's (acad. 
4, 23.), daß X. ein mittelmäßiger Dichter sei, 
geht wahrscheinlich auf die Epen desselben. Auf 
feine Elegien, bon denen noch zwei bollstäudig 
erhalten find, paßt es nicht; sie können ohne Be¬ 
denken neben die der besten Elegiker gestellt wer¬ 
den. — 2) ein Athener, Vater des Lamachos. — 
3) Sohn des Kleitomachos bon Athen, schloß als 
Gesandter Philipps des III. mit Hannibal ein 
Bundniß. Liv. 23, 33. 38. 
Xenopliantos, Hsvocpuvtog, 1) aus Athen, 
Vater des Dithyrambendichters Hieronymos. — 
2) ein ausgezeichneter Flötenspieler, der Alexander 
den Gr. zum Kriege gegen die Perser noch mehr 
angeregt haben soll. Flut. Dem. 13. Sen. de 
ira 2, 2. — 3) Erzgießer, Sohn des Chares ans 
Thasos, lebte unter dem Kaiser Hadrian, dessen 
Bildsäule er für die Athener fertigte.
	        
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