104 II. Die Zeit neuer Staatenbildungen.
Rom wurde nicht müde, Evviva Pio IX. zn rufen; in
Mailand und Modena freilich galt dieser Ruf für eine
ketzerische, revolutionäre Losung; Oestreich mußte fürchten,
daß das Papstthum, wie in Belgien unb Polen, sich mit
der Revolution gegen bie H. Allianz verbinbe. In geist¬
lichen Dingen freilich geberbete sich Pius als unfehlbarer
Absolutist. Für Italien aber gab er ben neuen Ton an,
ber nicht nur einem Metternich unbeschreiblich absnrb
klang, soubern selbst bem Iesnitengeneral bas Urtheil
entlockte: ber Papst ist eine Geisel ber Kirche. Mit
Toskana unb Sarbinien schloß er einen gegen Oest¬
reich gerichteten Zollvertrag, unb schon am 8. Febr. 48
gab letzteres, am 17. ersteres nach Palmerstons Rath eine
freisinnige Verfassung. Die Walbenser in Piemont wür¬
ben enblich in bie Menschenrechte, bie sie unter Napoleon
genossen, toieber eingesetzt. Die Sicilianer wollten nicht
bahinten bleiben unb empörten sich 12. Jan. 48 gegen bie
neapolitanische Besatzung, welche wohl bie Stabt bombar-
birte, aber zuletzt sie räumen mußte. Den Sturm zu be¬
schwören, ertheilte Ferbinanb II. auch ben Neapolitanern
eine liberale Verfassung 24. Febr. Das war ber Tag,
an welchem Louis Philipps Thron umgeworfen würbe;
unb bie erzählten Bewegungen ber Schweiz unb Italiens
hatten auch bas Ihrige beigetragen, ben Franzosen längere
Ruhe unerträglich zu machen.
II. Die Zeit neuer Staalenbildungeir.
Napoleon hat aus St. Helena geäußert: in 50 Jahren
wirb Europa republikanisch ober kosakisch sein. Die 50
Jahre sinb vorüber, bie Weissagung ist aber nicht in
Erfüllung gegangen. Zn beibem freilich schienen sich bie
Dinge je unb je anzulassen, unb zwar nie brohenber zum
Republikanischwerben als in bem Verwirrungsjahr 1848.