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1365 dö erzeicte der heilec Krist,
wieliep im triuwe und bärmdeist,
und schiet si dö beide
von allem ir leide,
und machete in da zestunt
1370 reine unde wol gesunt.
Alsus bezzerte sich
der guote lierre Heinrich,
dö er üf sinem wege
von unsers herren gotes pflege
1375 harte schoene worden was,
daz er vii gar genas,
und was als von zweinzec jären.
dö si sus gefröuwet waren,
do enböt er'z heim ze lande
den, die er erkande 1380
der sseiden und der güete1),
daz si in ir gemüete
sins gelückes wseren frö.
von schulden muosen sì dö
von den gnaden fröude hàn, 1385
die got hat’ an im getan.
Wolfram von Gfchenbach.
Parzival, Titnrel, Willehalm.
Wolfram von Eschenbach war von ritterlicher Herkunft, um 1170
zu Eschenbach (bei Ansbach, im heutigen Mittelfranken) geboren. Als
jüngerer Sohn der Familie ohne Vermögen, führte er ein Wander¬
leben und hielt sich längere Zeit am Hofe des Landgrafen Hermann von
Thüringen auf. Ohne die eigentlich gelehrte Bildung seines Zeitalters,
wie sie Hartmann und Gottfried von Straßburg besaßen, hatte er doch
eine umfassende Kenntnis heimischer und fremder Sagen; auch sprach er
französisch. Übrigens konnte er nach seiner eigenen Aussage nicht lesen,
mußte sich also die französischen Gedichte, aus denen er den Stoff zu
seinen eignen entnahm, vorlesen lassen. Seinen Parzival dichtete er von
1200 —1210; in spätere Zeit fällt der nicht zu Ende geführte „Willehalm",
während die zwei Bruchstücke des „Titurel" (oder „Schionatulander"), wie
vermutet wird, eine Jugendarbeit des Dichters sind. „Wolfram ist der
tiefsinnigste, planvollste und sittlich wie künstlerisch großartigste unter
allen deutschen Dichtern, die wir kennen. Seine weisheitsvolle Kunst war
schon im 13. Jahrhundert sprichwörtlich, und sein Ruhm, früh von der
Sage gehoben, dauerte länger als der irgend eines seiner dichtenden Zeit¬
genossen". Er starb um 1220 und wurde in der Frauenkirche zu Eschenbach
begraben.
1. Parzival. Parzival, dessen Vater Gamuret auf einem Zuge nach
dem Orient durch Verrat umgekommen ist, wird von seiner Mutter Herzeloide
in der Wüste von Soltane erzogen; hier läßt ihn die Mutter gewöhnliche
Arbeiten verrichten, damit er von Ritterschaft niemals Kunde erhalte und
sausten Gemütes bleibe. Aber eines Tages reiten Ritter durch den Wald,
deren Anblick den Knaben so mächtig antreibt, selbst Ritter zu werden, daß er
trotz der Bitten seiner Mutter nicht mehr zurückgehalten werden kann. Da
zieht sie ibm eines Narren Gewand an, in der Hoffnung, ihm die Fahrt zu
0 von denen er wußte, daß sie so viel Güte und Liebe besaßen.
Buschmann, Pe(eb. f. d. Oberkl. I. 9. Aufl.
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