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Das Volk zog seinen Wagen von Dorf zu Dorf, die Obrigkeiten 
begrüßten ihn mit Reden, die Jungfrauen kamen ihm mit Krän¬ 
zen, die Nationalgarde mit Waffen entgegen. In weniger als 
vierzig Tagen litten sich über zwei Millionen dieser Milizen 
gebildet. Necker empfahl ihnen in allen seinen Gegenreden 
Achtung des Eigenthums, Schonung des Adels und der Geist¬ 
lichkeit und Liebe für den König. In Versailles ward er von 
der Nationalversammlung mit ungewöhnlicher Auszeichnung em¬ 
pfangen. Herolde gingen ihm entgegen, und in dem Versamm¬ 
lungssaale war ihm ein Lehnstuhl gesetzt. Nichts glich jedoch 
der Begeisterung, mit welcher er in Paris empfangen ward; 
sein Einzug war ein allgemeiner Freudentaumel. Aber dieser 
Tag, an dem er den Gipfel der Volksgunst erreichte, wurde 
auch ihr Ende. In Unwillen über die oben erzählten Hinrich¬ 
tungen, in Furcht, daß noch Mehrere als Opfer fallen möchten, 
und vorzüglich, um fciaen Freund Besenval zu retten, welcher 
ungeachtet seiner am 14. beobachteten Unthatigkeit als Volksfeind 
verhaftet war, verlangte Necker eine allgemeine Amnestie für 
diejenigen, die als Volksfeinde angcschuldigt waren, und erhielt 
sie von der Versammlung der Wahlherren. Allein das Volk war 
unzufrieden damit, .neue Empörungen drohten der öffentlichen 
Ruhe, und die Amnestie mußte widerrufen werden. 
Frankreichs neue Gesetzgebung. 
Die Folgen des 14. Juli waren unermeßlich. Sobald die 
Nachricht von der Eroberung der Bastille in den Provinzen^ 
ankam, brach die Revolution überall aus. In allen Städten 
organisirte man nach dem Beispiele der Hauptstadt Munizipali¬ 
täten, um sich zu regieren, sowie Nationalgarden, um sich zu 
vertheidigen. Ansehen und Gewalt wechselten gänzlich die Plätze. 
Das Königthum hatte beide durch seine Niederlage verloren, die 
Nation beide errungen; die neuen Amtspersonen waren allein 
mächtig und fanden allein Gehorsam, da die alten ein Gegenstand 
des Mißtrauens geworden waren. In den Städten fiel das 
Volk erst über die königlichen und Gcmeindcbeamtcn, dann über 
alle diejenigen her, die ihm als Aristokraten und Volksfeinde
	        
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