66
nungen (Einigungen) zusammengeschlossen, deren Bedeutung darin lag,
daß sie einen tüchtigen, ehrenfesten Handwerkerstand geschaffen haben. Die
Angehörigen einer Zunft unterstützten sich gegenseitig in den Arbeiten des
Berufes und standen in der Not einander mit Hilfe bei. An der Spitze
einer Zunft stand der Zunftmeister, der ein hohes Ansehen genoß und Sitz
und Stimme im Rate hatte. Jede Zunft hatte ihre gemeinsamen Fahnen und
Abzeichen, ihre gemeinsamen Herbergen und Trinkstuben. Ging's in den Krieg,
so mußte jeder Zunftgenosse mit Wehr und Waffen auf dem Sammelplatz
erscheinen und unter der Anführung des Zunftmeisters in den Kampf ziehen.
Wer in einer Stadt ein selbständiges Handwerk treiben wollte, mußte einer
Zunft angehören. Sie bestand aus Lehrlingen, Gesellen und Meistern. Die
Zunft bestimmte über die Aufnahme der Lehrlinge, die ebenso wie die Ge¬
sellen als Familienmitglieder des Meisters galten. Die Zunft konnte auch
festsetzen, wie viele Lehrlinge ein Meister halten durfte. Nach Beendigung
seiner Lehrzeit erhielt der Lehrling einen Lehrbrief, mit dem er als „Geselle"
auf die Wanderschaft zog, um Neues zu sehen und zu lernen. Wollte ein
Geselle Meister werden, so mußte er ein „Meisterstück" anfertigen, das von
den „Schanmeistern" eingehend geprüft wurde.
Unter dem Einfluß der Zünfte, die im 15. Jahrhundert auf ihrer
Höhe standen, hat das deutsche Handwerk viel Gutes und Schönes geschaffen.
Manche Handwerker haben es in ihrem Berufe zur Kunst gebracht. Das
beweisen die kunstvollen Arbeiten der Steinmetzen, Schlosser, Zimmerleute
und Maler sowie die Erzeugnisse der Goldschmiede und die kunstreichen
Stickerei- und Webarbeiten. Die größten deutschen Maler im Mittelalter
waren Hans Holbein und Albrecht Dürer. Viele ehrsame Handwerker pflegten
auch <Lie Dichtkunst, so z. B. der Nürnberger Schuhmacher Hans Sachs,
der ein treuer Anhänger Luthers war und denselben als die „wittenbergische
Nachtigall" besang.
cl) Der Handel und die Hansa. Das Aufblühen des Handwerks
brachte eine gewaltige Steigerung des Handels mit sich. Im Laufe der Zeit
entstanden zwei große Handelsgebiete: im Norden das Gebiet der Hansa und
im Süden das der oberdeutschen Städte Nürnberg, Ulm, Augsburg, Ravens¬
burg, Konstanz und Basel, die vorzugsweise mit den italienischen Städten
Venedig, Mailand und Genna den Handelsverkehr pflegten. — Die auf¬
blühenden Städte hatten öfters unter der Feindschaft und dem Neid der
Fürsten, der Adeligen und der Bischöfe zu leiden, weshalb sie sich gegen¬
seitig durch Bündnisse zu schützen suchten. Die wichtigsten Stüdtebündnisse
waren: der Rheinische Bund (Worms, Mainz), der Schwäbische Stüdte-
bnnd (Augsburg, Ulm, Reutlingen) und die Hansa (Lübeck, Hamburg,
Bremen, Köln u. a.). Die Hansa umfaßte zur Zeit ihrer größten Blüte