Full text: Deutsche Prosa und Poesie (Teil 4, [Schülerbd.])

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Leg dich darunter, nach oben schau 
(dies Funkeln im Weiß, dazwischen 
das Blau!) 
und lausche! Von fern und nah, 
richtig, sind schon die Bienen da. 
Ganz aus ist nun die Winter¬ 
nacht, 
der alte Herr ganz aufgewacht. 
Behaglich rauscht er: „Laßt's euch 
schmecken!" 
Wie sie von allen Tellerchen 
schlecken! 
Von einem zum andern, summ, 
summ, summ! 
zu Tausenden tummeln sie sich 
herum, 
nippen, naschen, trinken, brummen; 
die Blüten selber, meinst du, summen 
immer im gleichen Geschwirr in 
Ruh’ — 
Der Alte strahlt über und über dazu. 
Endlich zieht davon der Schwarm. 
Aber nun werden die Tage warm, 
aber nun brechen die Blätter heraus, 
aber nun reifen die Früchte aus. 
An jedem Aste, die Körbe schwer, 
richtet er's jetzt für die Großen her. 
Stützt ihm die Arme, daß er nicht 
unter dem eigenen Segen bricht! 
3. Vogelmette. 
1. Dringt das erste Dämmerlicht 
grüßend mir ans Bette, 
hör' ich vor den Fenstern dicht 
eine Vogelmette. 
2. Hell vom Platz vormeinem Haus, 
wo die Sträucher ranken, 
klingt sie in die Stadt hinaus 
wie ein kindlich Danken. 
3. Leise da und dort erwacht 
erst ein Vogelseelchen, 
und halb schlummernd nochund sacht 
stimmen sich die Kehlchen. 
4. „GutenMorgen !“hör’idTsdann, 
„fehlen denn auch keine? 
Munter, Kinder, fangt nur an, 
noch sind wir alleine!" 
5. Und nun setzt es silbern ein, 
keusch in jedem Klange, 
vogelfröhlich, glockenrein, 
frisch zum Morgensange. 
6. Innig wie ein Kinderlied, 
wie ein Märchen traulich, 
daß es durch die Lüfte zieht 
wundersam erbaulich. 
7. Wie es schwillt und wogt und rollt 
und zum Schöpfer schwebt, 
bis das erste Sonnengold 
um die Dächer webt. 
4. Heidefrieden. 
1. Wie ist es seltsam märchen¬ 
schön, 
still durch die Heide hinzugehn, 
wenn fern die Sonne untergeht 
und Farbenduft herüberweht. 
2. Wie ist's da wohlig rings er¬ 
wärmt, 
von Wolkenschatten über¬ 
schwärmt, 
indes am hohen Himmel zieht 
hinwandernd eines Vogels Lied. 
3. Dann schweigt es still — und 
alles schweigt, 
und leis der Abend niedersteigt, 
bis auf der Heide, fern und nah 
nur webt der Duft der Erika. 
4. Bis nur der Leuchttürm' wech¬ 
selnd Licht 
noch sterngleich durch das Dunkel 
bricht, 
die übers Wattenmeer in Ruh’ 
sich blinzeln ihre Grüße zu.
	        
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