Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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badours hatte, so hatte auch England feige Sänger, welche 
M instrels hießen. Von Frankreich ans verbreitete sich diese 
Gesangwcise auch nach Deutschland. Hier trat sie im Lause des 
zwölften Jahrhunderts allimälig an die Stelle einer von den 
Geistlichen gepflegten, auch ihrem Hauptinhalte nach geistlichen 
Dichtung, die sich zunächst an das große Werk des Welterlösers 
und an das Leben der Heiligen schloß. Die neuen ritterlichen Sän¬ 
ger führten in Deutschland den Namen Minnesänger, weil 
der Hauptgegenstand ihres Gesanges die Minne oder Liebe war. 
Sie war die Verehrung, welche der Schönheit und Milde, der 
Anmuth und Tugend der cdelen Frauen in zarten Liedern dar¬ 
gebracht wurde. Im Mittelpunkte dieser Verehrung aber stand 
die Jungfrau Maria, die Mutter des Gottessohnes, die himm¬ 
lische Königin, deren überirdischer Glanz verklärend auf alle ir¬ 
dischen Frauen niederstralte. Hunderte von solchen Dichtern 
werden genannt. Ihre Reihe beginnt mit Heinrich von 
Veld eck; ihm folgten Hartmann von der Aue, der zart¬ 
fühlende Gottfried von Straßburg, der ernste und trübe 
Wolfram von Eschenbach, der heitere Walther von der 
Vogel weide, der große Meister Heinrich von Ofter¬ 
dingen, sämmtlich aus dem Anfange des . dreizehnten ^ Jahr¬ 
hunderts. Der Gesang wurde bald ein Haupterforderniß bei 
den Festen, mit welchen das Leben in der Zeit der Waffenruhe 
verschönert werden sollte. Oft kamen die liederreichen Sänger 
zusammen zu einem poetischen Wettstreite. Ein solcher ist uns 
von einem Meister des folgenden Jahrhunderts in dem soge¬ 
nannten Gedichte vom „Kriege auf der Wartburg" geschildert 
worden. Doch nicht die Liebe allein war Gegenstand des Ge¬ 
sanges, sondern auch die Schönheiten der Natur, die Reize des 
Frühlinges, die Heldenthaten der Ritter und ihre wunderbaren 
Abenteuer. Besonders in Schwaben, an den Höfen der da¬ 
maligen Kaiser, der kunstliebendcn Hohenstaufen, ließen sich die 
Sänger hören und wurden deshalb auch wohl schwäbische 
Dichter genannt. Selbst Kaiser und Könige ergötzten sich, wenn 
sie von den ernsten Sorgen der Regierung ruheten, an dieser
	        
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