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V. Im Osten.
ein, jetzt in jenes? Und war die Arbeit dort vollbracht, so
ging das Gebäude auch sicher bald darauf in Flammen auf.
Bei weitem nicht alle Häuser, die herunterbrannten, sind
von Granaten in Brand geschossen worden. Auch war es nicht
möglich, datz die Flammen überschlugen. Ich habe es ganz
deutlich beobachtet, wie plötzlich Gebäude aufflammten, die weit¬
ab vom Brandherd standen. Die Leute müssen Handgranaten
gehabt oder mit Petroleum und Streichhölzern gearbeitet haben.
In der evangelischen Kirche hatte eine Schar von Einwohnern
Schutz gesucht. Die Russen nehmen die silbernen Geräte her¬
aus. Kurze Zeit darauf steht die Kirche in Flammen. Ich
habe es deutlich gesehen, dah erst Rauch und dann das Feuer
zum Dache herausschlug. Also muß sie von innen angezündet
worden sein. Zum Bürgermeister kommen ein paar Schurken
und verlangen Lebensmittel und Petroleum. Sie plündern
seine Wohnung in seiner Gegenwart. Dann räumen sie die
Wohnung aus, die darüber liegt, und stecken das Haus den
Bewohnern über dem Kopfe an. An den beiden Ecktürmen
kam das Feuer zuerst aus.
Allmählich wird mir's kühl in meinem Versteck. Soll ich
hier die Nacht zubringen? Da höre ich Räderrasseln. Das
find sicher Geschütze, und eine lange Reihe mutz es sein. Lautes
Geschrei dringt an mein Ohr. Die Deutschen kommen! Gewitz
haben sie vernommen, datz der Feind unsere Stadt besetzt hat.
Jetzt werden sie uns befreien. Die Zwanzigtausend, die gestern
abend durchzogen, können ja noch nicht so weit sein. Das Fest
mutz man feiern. Ich setze mich also aufrecht hin und stecke mir
eine Zigarre an. Kaum brennt sie, da höre ich zwei Russen
neben mir, drei Meter ab. Sie beraten offenbar, wie sie über
den Graben kommen können. Ich klappe wieder ins Gras und
liege 10 Minuten wie ein Baumstamm. Dabei ist mir heitz
geworden, ich kann es nicht leugnen. Die Deckung auf der
rechten Seite war auch nicht besonders gut. Die beiden schreiten
noch einige Male auf und ab, aber verziehen sich dann, weil
ihnen der Graben zu breit ist. Ich habe mich aber zu früh ge¬
freut, denn was da hineinrasselte, sind russische Kanonen und
Beutewagen. Ich warte noch eine Stunde. Es war unter¬
dessen 10 Uhr geworden. Was soll ich tun? Morgen, tvenn’s
hell wird, werden sie dich doch hier finden. Drüben steht ein
Blockhaus. Das hatten unsere Soldaten aufgestellt, als sie die
Stadt in Verteidigungszustand setzten. Dort kann man die
Nacht verbringen. Ich krieche also behutsam auf Händen und