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Der Sultan tobte vor Wuth und schwur, entweder den
Thron von Constantinopel zu besteigen, oder sein Grab vor
dessen Mauern zu finden. Da die Kette, welche den Hafen
sperrte, durch die Gewalt der Schiffe nicht zu sprengen war, so
suchte er seine Schiffe zu Lande in den Hafen zu bringen. Um
die Vorstadt Galata ward ein Weg geebnet und mit Brettern
belegt. Diese wurden mit Fett bestrichen, damit die darauf
gelegten Walzen desto besser rollten. Achtzig leichte Fahrzeuge
wurden auf dieselben gebracht und durch Winden vorwärts ge¬
zogen. In der Mitte der Nacht steuerte diese Flotte mit aus¬
gespannten Segeln über die Ebene und ward auf der andern
Seite in das Wasser des Hafens gelassen, an einer Stelle, die
zu seicht war, als daß die ungleich größeren Schiffe der Christen
ihnen hätten beikommen können. Diese Unternehmung ver¬
breitete um desto größeren Schrecken in der Stadt, je kühner
und wunderbarer sie war. Mohammed ließ jetzt — es war
der 29. Mai des Jahres 1453, der drei und fünfzigste Tag
nach dem Ansauge der Belagerung — die Stadt von allen
Seiten bestürmen. Die Kanonen donnerten gegen die Mauern,
und in Dampf gehüllt rückten die Schisse und die Truppen
heran. Allein die Griechen und Genueser kämpften wie Löwen
und schlugen zwei Stunden lang alle Angriffe der Feinde zu¬
rück. Plötzlich siel Justiniani, von einem feindlichen Geschosse
getroffen und wurde tödtlich verwundet in die Stadt getragen.
Da kam Bestürzung und Verwirrung über die Griechen, und sie
wichen zurück. Mit wildem Kriegesgeschrei erstürmten die Ja-
nitscharen die Mauer, schlugen die Thore auf, und unaufhaltsam
drangen die türkischen Scharen in die offene Stadt. Vergebens
suchte der Kaiser an der Spitze seiner Getreuen dem heran¬
brechenden Sturme Einhalt zu thun; — er selbst fand seinen
Tod im Gedränge.
Nun begann die Plünderung, bei welcher alle Gräuel ver¬
übt wurden, die bei der Erstürmung einer Stadt unvermeidlich
sind, hier aber durch Religionshaß noch gesteigert wurden. Unter