Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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sind für das ganze Mittelalter von höchster Wichtigkeit und 
dauern in ihren Wirkungen selbst bis auf unsere Zeit fort. 
Es ist schon bemerkt, daß die Germanen überall Grundbesitz 
suchten. Sobald sie nun ein Land erobert hatten, so mußten 
die Einwohner, die man Provinzialen nannte, einen Theil der 
Ländereien den Siegern abtreten, ihnen auch wohl als Leibeigene 
dienen. So nahmen die Westgothcn in Spanien zwei Drittel 
alles Grundbesitzes, die Ostgothen nur ein Drittel. Dieser ab¬ 
getretene Grund und Boden wurde unter alle Freien vertheilt, 
die nun ihr neues Besitzthum entweder durch Leibeigene selbst 
bebauten, oder es den alten Besitzern gegen eine bestimmte Ab¬ 
gabe überließen. Ein solches freies Eigenthum hieß Allodium*). 
Die Größe desselben richtete sich nach den geleisteten Diensten. 
Dem Könige selbst fielen alle ehemaligen kaiserlichen Krongüter 
zu. Diese ließ er nun theils für seine Rechnung verwalten, 
theils übergab er sie den Großen seines Gefolges und legte 
ihnen dafür gewisse Pflichten auf, entweder Beistand im Kriege 
oder auch Dienste am Hofe. Aus letzteren entstanden die soge¬ 
nannten Hofämter, die wir noch jetzt an den meisten euro¬ 
päischen Höfen mehr oder weniger finden; z. B. das Amt eines 
Kämmerers, Mundschenken, Marschalls, Truchsesses rc. Diese 
so verliehenen Güter wurden als Sold für geleistete oder noch 
zu leistende Dienste angesehen, konnten also nicht erblich sein, 
sondern blieben Eigenthum des Königs. Sie waren seinen Haupt¬ 
leuten oder Vasallen nur geliehen und führten hievon auch 
ihren Namen Lehen (beneficium, feudum). Blieben diese 
ihrem Lehnsherrn treu, so durften sie ihr Lehen lebenslänglich 
behalten. Nach ihrem Tode fiel es wieder an ihren Lehnsherrn 
zurück, der die Dienste eines anderen Getreuen damit belohnen 
konnte. Da aber der Sohn fast immer seine Dienste dem Lehns¬ 
herrn des Vaters widmete, so wurde in der Regel auch ihm 
wieder das väterliche Lehen zur Benutzung überlassen. Allmälig 
wurden die Lehen durch das Herkommen erblich. So wie nun 
*) Eigentlich Ar-Ode, Herrengut.
	        
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