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hatte. In der Gegend des heutigen Wien baucte er für sich und
seine Genossen ein Kloster. Dreißig Jahre lang an der Donau
auf und ab wandernd trug er überall hin die Tröstungen des
Christenthums, so daß selbst heidnische Könige ihn ehrten und
bewunderten. Wie ein milder Friedensbogen stand das Evan¬
gelium über der Sturmfluth der Zeit.
Die Bekehrer der Deutschen kamen größtentheils aus Irland
und England. Hier hatte das Christenthum bereits festen Bo¬
den gewonnen. Hier, in der stillen Heimath der Frömmigkeit
und der Wissenschaft, erweckte Gott fromme Männer, um nach
Deutschland zu ziehen und auch dort die Lehre des Heiles zu
verkünden. Es ist rührend zu lesen, wie diese Männer, allen
Bequemlichkeiten des Lebens entsagend, mitten im kriegerischen
Gewühle der Völker, still und friedlich, das Crucifix und das
Evangelium in der Hand, durch die deutschen Wälder wanderten
und die Lehre des Gekreuzigten verkündigten; wie sie im Ver¬
trauen aus Gott den höchsten Gefahren des Lebens muthig ent¬
gegen gingen. Zu den ersten Glaubensboten gehören: der h.
Fridolin, der den Rhein entlang den Alemannen und Rhä-
tiern das Evangelium Christi verkündete und auf der Rheiniusel
Scckingen ein Kloster errichtete; der h. Columb an mit seinem
Schüler Gallus, dem Stifter des Klosters St. Gallen in der
Schweiz; der h. Rupertus in Salzburg. Zn den Friesen kam
der h. Willibrord, zu den Thüringern der h. Kilian.
So groß auch die Verdienste dieser Männer und ihrer Ge¬
nossen und Schüler waren; es ist doch einer, der die deutsche
Kirche begründete, und dem vorzugsweise der Name „Apostel der
Deutschen" gebührt. Dieser ist der Dominikanermönch Win¬
fried aus Westsex in England. Schon von Jugend auf war
seine Seele von dem feurigen Wunsche erfüllt, den unglücklichen
Heiden Worte des Lebens zu verkündigen. In der Einsamkeit
des Klosters bereitete er sich zu seinem heiligen Berufe vor.
Dann verließ er mit Genehmigung seines Abtes das Kloster
seiner Heimath und ging nach Rom, um sich vom Papste zu
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